Gesundheitswesen 2016; 78 - A117
DOI: 10.1055/s-0036-1586627

Hamburg Steilshoop auf dem Weg zur Gerontopolis? Über alternde Gesellschaft in urbanen Räumen

F Müller 1, 2, H Hahn 2
  • 1Institut für Allgemeinmedizin, Universitätsmedizin Göttingen, Göttingen
  • 2Lehrstuhl Urban Design, HafenCity Universität Hamburg, Hamburg

Hintergrund: Die Herausforderungen, die der demographische Wandel in Deutschland mit sich bringt werden häufig auf dem Land verortet. Dabei zeigen sich im städtischen Sozialgefüge ebenfalls beeindruckende Veränderungen. Für den Untersuchungsraum Hamburg Steilshoop, eine Großwohnsiedlung aus den 1970ern, lässt sich der Trend einer Alterssegregation ausmachen: Während umliegende Stadtteile sich in den vergangenen 20 Jahren eher verjüngten, verdoppelte sich die Anzahl der über 65-Jährigen in Steilshoop (eigene Berechnung auf Datenbasis vom Statistikamt Nord). Über die Frage, wie sich Menschen im hohen Alter in urbanen Räumen einrichten, wissen wir bisher wenig. Dieses Wissen ist jedoch vonnöten, um spezifisch auf die sich neu entwickelnden Strukturen zu reagieren – sei es aus städteplanerischer, politischer oder aus Public Health-Perspektive.

Fragestellung: Wie generiert sich die Lebenswelt alter Menschen in urbaner Umgebung? Von welchen sozialräumlichen Resilienzfaktoren profitieren sie?

Methoden: Um die Phänomene des Alterns in der Stadt im Kontext der Lebenswelten und ihrer räumlichen Verortungen zu untersuchen, haben wir ein Forschungsdesign entwickelt, das unterschiedliche qualitative sozial- und raumwissenschaftliche Methoden (narrative Interviews, Participatory Photo Mapping, teilnehmende Beobachtungen und ethnographische Feldforschung) miteinander kombiniert.

Ergebnisse: In Steilshoop lassen sich Formen der Vergemeinschaftungen ausmachen, die auch ältere Menschen mit inkludieren und häufig jenseits von familiären Strukturen wirken. Ein wesentliches Element sind etwa quidproquo-Dienstleistungen auf Mikroebene, um finanzielle Prekarität oder aber auch eingeschränkte Mobilität zu umgehen. Die Aneignung, Umdeutung und (Aus-)Gestaltung des öffentlichen Raums durch die Akteure spielt dabei eine herausragende Rolle.

Diskussion: Die Ergebnisse unserer Feldforschung führen zu einem Modell des sozialen Raums, das sich über Barrieren und Ressourcen definiert. Barrieren sind dabei vielschichtig, z.B. Hemmnisse der Lebensausgestaltung und -ausübung, aber auch Grenzen des imaginierten Möglichkeitsraums. Ausgehend von unterschiedlichen Barrieren und Ressourcen eröffnen sich Handlungsoptionen, die positive Effekte für die Ausgestaltung der Lebenswelt älterer Menschen im urbanen Umfeld haben können.