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DOI: 10.1055/s-0036-1586585
Gesundheitliche Auswirkungen des Übergangs in den Ruhestand. Eine qualitative Studie zur Bedeutsamkeit des subjektiven Alterns
In postmodernen Gesellschaften ist das Lebensereignis des Übergangs in den Ruhestand durch eine hohe Variabilität gekennzeichnet. Neben Vorher-Nachher-Vergleichen, die keine konsistenten Ergebnisse zur Veränderung der Gesundheit während der Verrentung liefern (vgl. z.B. Metaanalysen von van der Heide et al., 2013), sind daher komplexe Analysen, welche verschiedene Einflussfaktoren berücksichtigen, gefordert.
Diesem Ansatz geht die hier dargestellte Studie, die Teil eines größeren triangulatorischen Forschungsprozesses ist, nach, indem mittels eines explorativen Vorgehens besonders Faktoren des subjektiven Alterns Berücksichtigung finden. Unter dem Begriff subjektives Altern werden Konzepte verstanden, denen die subjektive Wahrnehmung des Alter(n)s gemein ist. Hierzu zählen Alters-Selbstbilder, die subjektive Repräsentationen des eigenen Alternsprozesses darstellen und in anderen Studien (Levy et al., 2002; Wurm et al., 2007) als wichtige Einflussfaktoren der Gesundheit im Alter identifiziert wurden und hier für Personen im Übergang in den Ruhestand fokussiert werden.
Datenbasis sind 20 leitfadengestützte, qualitative Interviews mit Männern (n = 13) und Frauen (n = 7) zwischen 60 und 70 Jahren bis zu drei Jahre nach ihrer Verrentung. Die Interviews (durchschnittliche Dauer = 60 Minuten) stellen das Erleben des Übergangs, das subjektive Altern und die Gesundheit in den Vordergrund. Sie wurden mithilfe eines mehrstufigen Auswertungsprozesses (fallanalytisch sowie kategorial in Anlehnung an die Inhaltsanalyse von Mayring (2010)) ausgewertet.
Die Ergebnisse verdeutlichen, dass vor allem Aspekte des Lösens von der Erwerbsarbeit, die Bewertung des Übergangs sowie Ankommensprozesse im Ruhestand vor dem Hintergrund individueller Altersbilder und subjektiver Wahrnehmungen des Alter(n)s als bedeutsam für die Gesundheit im Übergang erlebt werden. Daraus lassen sich sechs Typen differenzieren, die aufbauend auf unterschiedlichen Bewertungsformen des Ruhestands und unter Berücksichtigung verschiedener Einstellungen zum Alter(n) die subjektiv wahrgenommenen gesundheitsbeeinflussenden Veränderungen und Einflussfaktoren im Verrentungsprozess rekonstruieren. Diese reichen von hoch gesundheitsförderlich (z.B. Typ ‚Ruhestand als Erlösung‘) bis hin zu stark gesundheitsbeeinträchtigend (z.B. Typ ‚Ruhestand als Identitätskrise‘) und bilden so die Heterogenität des Lebensereignisses des Ruhestands mit seinem Einfluss auf die Gesundheit ab.
Durch diese Studie wird verdeutlicht, dass Einstellungen zur Lebensphase Alter, zum Ruhestand und zum eigenen Alternsprozess maßgeblichen Einfluss auf die Gesundheit in dieser Lebensphase haben. Daher sollten diese, besonders vor dem Hintergrund des steigenden Anteils an Personen im Ruhestand in der Gesellschaft, in gesundheitswissenschaftlicher Forschung und Praxis mehr Berücksichtigung finden. Referenzen beim Verfasser.