Gesundheitswesen 2016; 78 - A51
DOI: 10.1055/s-0036-1586561

Regionale Prognose der Morbidität in Deutschland bis 2035: Ergebnisse und Methoden am Beispiel des subjektiven Gesundheitszustandes

LE Kroll 1, M Schumann 1, E Nowossadeck 1, T Lampert 1
  • 1Robert Koch-Institut, Berlin

Hintergrund: Zur Gestaltung und Analyse der Entwicklung des Gesundheitssystems sind aussagekräftige, unabhängige und regional differenzierte Daten zur Morbidität notwendig. Bisher liegen nur wenige Informationen zur regionalen Morbidität vor. Morbiditätsprognosen gibt es lediglich auf Ebene der Bundesländerländer oder für ausgewählte Regionen. Die subjektive Gesundheit ist ein guter Prädiktor für die Inanspruchnahme medizinischer Leistungen und die Lebenserwartung. Der Beitrag stellt am Beispiel der subjektiven Gesundheit Ergebnisse einer regionalen Morbiditätsprognose für Deutschland vor.

Datenbasis und Methoden: Als Ausgangsdaten werden die gepoolten Daten der Studien „Gesundheit in Deutschland Aktuell“ (GEDA) 2009, 2010 und 2012 des RKI (n = 62.606) mit Daten der Datenbank INKAR 2013 des BBSR verknüpft. Für die Simulation wird zuerst eine Small-Area-Estimation für das Ausgangsjahr durchgeführt. Diese Ergebnisse werden anschließend anhand der bis zum Jahr 2035 simulierten Referenzdaten für drei Szenarien fortgeschrieben (1: demographische status-quo Prognose, 2: steigende Wirtschaftskraft und wachsende Bildungsbeteiligung, 3: dynamische Prognose mit Wandel der altersspezifischen Morbidität).

Ergebnisse: Die Ergebnisse der Szenarien sprechen dafür, dass die Anzahl von Erwachsenen bei weniger guter oder schlechter Gesundheit zwischen 2011 und 2035 von 15,6 Mio. je nach Szenario auf 13,1 bis 16,7 Mio. verändern wird. Je nachdem ob lediglich eine Fortschreibung der altersspezifischen Risiken für einen mittelmäßig oder schlechten Gesundheitszustand vorgenommen wird (Szenario 1) oder aber eine dynamische Vorhersage unter Berücksichtigung wirtschaftlicher Trends gemacht wird (Szenarien 2 und 3) steht also bereits auf Bundesebene eine Zunahme oder aber eine Abnahme der Fallzahlen zu erwarten. Der Blick auf die Ebene der einzelnen Bundesländer macht eine erhebliche regionale Variation des entsprechenden Anteils in der Bevölkerung deutlich. Östliche Bundesländer und strukturschwächere Flächenstaaten zeigen dabei sowohl die höchsten Anteile der Bevölkerung bei schlechter Gesundheit, als auch die nachteiligste Entwicklungsprognose. Auf Kreisebene wird insbesondere für Großstädte, aber auch für ländliche Kreise mit Verdichtungsansätzen in Westdeutschland eine überdurchschnittlich positive Entwicklung der subjektiven Gesundheit prognostiziert.

Diskussion: Für die Interpretation von Daten des Versorgungssystems wie auch zur Planung von Versorgungs- und Präventionsangeboten sind Kenntnisse zu regionale Struktur und zur Entwicklung der Morbidität von großem Nutzen. Mit herkömmlichen Erhebungen können entsprechende Daten nicht bereitgestellt werden. Die vorgestellten Szenarien machen erstmals für Deutschland unterschiedliche Szenarien für die Entwicklung der regionalen Morbidität deutlich.