RSS-Feed abonnieren
DOI: 10.1055/s-0036-1586542
Implementierung der FORTA-Klassifikation zur Beurteilung der Arzneimitteltherapie-Sicherheit von Patienten ab 65 Jahren
Hintergrund: Bei älteren Patienten, die an mehreren chronischen Erkrankungen leiden und mehrere Verordnungen parallel einnehmen, kann es (insbesondere für Hausärzte) herausfordernd sein, eine Balance zwischen Über- und Unterversorgung zu finden und unerwünschte Arzneimittelwirkungen oder Interaktionen zu vermeiden. Als Alternative zur PRISCUS-Liste, welche die Diagnostik von Patienten bei der Wirkstoff-Beurteilung unberücksichtigt lässt, haben Wehling/Burckhardt (2010) im klinischen Kontext die FORTA-Klassifikation (Fit for the aged) entwickelt, die Wirkstoffe vor dem Hintergrund ausgewählter Indikationen bewertet und Wirkstoffe in einen hierarchischen Bewertungszusammenhang von A-D stellt (A-bsolutely, B-eneficial, C-areful, D-on't).
Ziel: war es, diesen Bewertungsalgorithmus auf Basis von GKV-Routinedaten als „FORTA-Light-Variante“ umzusetzen und die Ergebnisse in Form von praxisindividuellen oder vergleichenden Feedback-Berichten verständlich aufzubereiten.
Methodik: Datenbasis waren GKV-Daten aus der Integrierten Versorgung Gesundes Kinzigtal (IVGK) für alle in der Region lebenden Versicherten von AOK & LKK BW. In Kooperation mit der Medizinischen Fakultät Mannheim wurden die in FORTA mittels Delphi-Methode bewerteten Diagnose-Wirkstoff-Kombinationen in ICD-/ATC-Codes übersetzt sowie die hierarchischen Beziehungen der ca. 200 Wirkstoffe zu den ca. 20 FORTA-Indikationsgruppen hinterlegt. Zusätzlich zur Bewertung der Kombinationen von A-D wird für jeden Versicherten ein FORTA-Score berechnet, der einen gewichteten Gesamteindruck über den Grad der Über-/Unter-/Fehlversorgung liefern soll.
Ergebnisse: Für die meisten in der FORTA-Klassifikation enthaltenen Indikationen ist eine erste Bewertung der Arzneimitteltherapie-Sicherheit mittels Routinedaten möglich. Es werden Beispiele für Benchmarks des FORTA-Score und praxisindividuelle Reports zur Arzneimitteltherapie-Sicherheit mit Unterscheidung in selbst- und fremd-verordnete Arzneimittel vorgestellt. In ersten Bewertungen von FORTA durch Mediziner der IVGK fällt positiv auf, dass die Klassifikation greifbarere Ansatzpunkte zur Verbesserung der Arzneimitteltherapie bietet als indikationsunabhängige Listen.
Diskussion: Inwiefern aus den FORTA-Light-Berichten Verbesserungen der Arzneimitteltherapie abgeleitet werden, soll in der IVGK u.a. in Konsilen unter pharmakologischer Leitung getestet werden. Es zeichnet sich jedoch schon ab, dass es sinnvoll wäre, medizinische und/oder physiologische Parameter in die Bewertung einzubeziehen bzw. konnten einige Kombinationen, bei denen dies zwingend erforderlich war, aufgrund mangelnder Informationen in den GKV-Routinedaten noch nicht umgesetzt werden. Derzeit wird geprüft, inwiefern zusätzlich extrahierte Daten aus Praxisverwaltungssystemen die Aussagekraft der FORTA-Light-Reports noch verbessern könnten.