Gesundheitswesen 2016; 78 - A18
DOI: 10.1055/s-0036-1586528

Werden verhältnispräventive Maßnahmen auch tatsächlich umgesetzt? Das Beispiel der UV-Schutzverordnung

S Schneider 1, K Diehl 1, R Greinert 2, E Breitbart 3, T Görig 1
  • 1Medizinische Fakultät Mannheim, Universität Heidelberg, Mannheim
  • 2Elbe Kliniken, Buxtehude
  • 3Arbeitsgemeinschaft Dermatologische Prävention, Hamburg

Hintergrund: Zum 01. November 2012 trat in Deutschland die „Verordnung zum Schutz vor schädlichen Wirkungen künstlicher ultravioletter Strahlung“ in Kraft (1). Diese auch als „UV-Schutzverordnung“ (UVSV) bezeichnete verhältnispräventive Maßnahme umfasst detaillierte Vorschriften zur Beratung von Sonnenstudio-Besuchern.

Ziel der Fragestellung: Das Ziel unserer bundesweit repräsentativen Studie war, die Umsetzung dieser klassischen gesetzgeberischen – also verhältnispräventiven – Maßnahme zum Verbraucherschutz zu evaluieren. Wir untersuchten, ob in Sonnenstudios entsprechend der UVSV Folgendes angeboten wurde: Eine Einweisung in die sichere Bedienung des Gerätes, eine Hauttypbestimmung, schriftliche Informationen über die Gefahren einer UV-Bestrahlung und eine UV-Schutzbrille. Des Weiteren wurde nach dem ebenfalls vorgeschriebenen Angebot eines Bestrahlungsplanes und der dazu erforderlichen Aufklärung zu UV-Risiken und zu Ausschlusskriterien eines Solariumbesuchs gefragt.

Studiendesign/Methoden: Das Nationale Krebshilfe-Monitoring (National Cancer Aid Monitoring NCAM) wird im Zeitraum 2015 – 2019 von der Deutschen Krebshilfe gefördert und umfasst vier Befragungswellen zur natürlichen und künstlichen UV-Exposition (2). Nach einer umfangreichen Validierung und einem kognitiven Pretest wurden in der ersten NCAM-Welle zwischen Oktober und Dezember 2015 insgesamt 3.000 Personen im Alter zwischen 14 und 45 Jahren u.a. zur Solariennutzung und zur Beratung in den Sonnenstudios befragt.

Ergebnisse: Derzeit nutzen hierzulande 11% aller 14- bis 45-Jährigen Solarien (12-Monatsprävalenz). Betrachtet man ausschließlich Sonnenstudiobesuche seit Inkrafttreten der UVSV, zeigen sich deutliche Umsetzungsdefizite: Laut Selbstbericht der Nutzer wurde 40% keine Einweisung in die sichere Bedienung des Gerätes und die Notabschaltung, 43% keine Hauttypbestimmung und 67% kein Informationsmaterial angeboten. 85% aller Nutzer berichteten, dass ihnen vom Personal geraten wurde, eine Schutzbrille zu tragen. Der Mehrheit (87%) wurde diese beim letzten Besuch auch tatsächlich zur Verfügung gestellt. Allerdings wurde nur jedem dritten Nutzer die Erstellung eines Bestrahlungsplans angeboten (34%). Gemäß der Selbstberichte erfolgte eine Aufklärung zu Risiken von Solarien lediglich bei 43% und zu den Ausschlusskriterien Vorerkrankungen, Kosmetikanutzung und Medikamenteneinnahme nur bei 21%, 26% respektive 22% aller Nutzer.

Diskussion: Die Ergebnisse zeigen deutliche Defizite in der Umsetzung der UVSV. Eine regionale Simulated-Client-Studie mit 20 Sonnenstudiobesuchen in Bremen berichtete jüngst ähnliche Beratungsmängel (3).

Praxisrelevanz: Das Beispiel der UVSV veranschaulicht, dass ein ausreichender Verbraucherschutz durch eine Einführung verhältnispräventiver Maßnahmen alleine offenbar nicht gewährleistet werden kann, was eine bessere behördliche Überwachung nahelegt. Referenzen beim Verfasser.