Zentralbl Chir 2016; 141 - A19
DOI: 10.1055/s-0036-1586284

Infektionspräventive Compliance bei chirurgischen Visiten: Wie infektionspräventiv sind Chirurgen im Umgang mit postoperativen Maßnahmen?

B Lutze 1, U Gärtner 1, I Gockel 2, IF Chaberny 1
  • 1Universitätsklinikum Leipzig, Institut für Hygiene/Krankenhaushygiene, Leipzig, Deutschland
  • 2Universitätsklinikum Leipzig, Klinik für Viszeral-, Transplantations-, Thorax- und Gefäßchirurgie, Leipzig, Deutschland

Hintergrund: Prävention nosokomialer Infektionen – besonders der postoperativen Wundinfektionen spielt im gesamten operativen Prozess zunehmend eine übergeordnete Rolle. Durch die Implementierung verschiedener Präventionsstrategien gemäß der AWMF-Leitlinie [1], die prä-, peri- und postoperativ umgesetzt werden sollen, wird die Problematik der steigenden Infektionsraten [2] mithilfe unterschiedlicher Maßnahmen angegangen. In diesem Kontext sind Compliance-Überprüfungen im Sinne eines Qualitätsmanagements sinnvoll, damit kritische Punkte bei der Umsetzung der Infektionsprävention angepasst werden können. Während chirurgischer Visiten ergeben sich viele Gelegenheiten, die aus infektionspräventiver Sicht bzgl. der Erregertransmission als relevant einzustufen sind.

Zielsetzung und Methode: Daher steht die Compliance-Überprüfung während der Visite viszeralchirurgischer Stationen im Fokus dieser Untersuchung. Der Schwerpunkt liegt vorrangig auf der Händehygiene-Compliance (HC), der Evaluation verwendeter Devices und dem Verbandwechsel. Die Datenerfassung erfolgte während der Visiten mittels eines standardisierten Erfassungsbogens.

Ergebnisse: Im Rahmen einer vierwöchigen Beobachtungsphase von zwei Stationen der Klinik für Viszeral-, Gefäß-, und Thoraxchirurgie des Universitätsklinikum Leipzig wurden insgesamt 357 Visitenereignisse dokumentiert: 129 Visiten bei isolierten Patienten (VIP) und 228 Visiten bei nicht isolierten Patienten (VNIP). Das beobachtete Ärzteteam bestand durchschnittlich aus drei bis vier Ärzten und visitierte den Patient im Mittel 3,3 min. Die HC der Ärzte ergab sich in 715 Händedesinfektionsgelegenheiten und lag insgesamt bei 59%. Zudem zeigten sich deutliche Unterschiede bei isolierten Patienten und nicht isolierten Patienten (HC VIP = 42% vs. HC VNIP: 69%; p < 0,001). In 8% der Fälle wurde der vorhandene intravenöse Gefäßkatheter beim Patienten überprüft (keine Unterschiede zw. VIP = 8% vs. VNIP = 9%; p = 0,438). Die Überprüfung der Wunddrainage fand signifikant häufiger bei VNIP statt (VIP = 52% vs. HC VNIP: 70%; p = 0,031). In der Hälfte der Fälle fand eine Überprüfung des Verbandwechsels statt (53%; keine Unterschiede zw. VIP = 51% vs. VNIP = 54%; p = 0,326).

Schlussfolgerung: Durch die erhöhte potenzielle Erregerübertragung von Patient zu Patient während der Visite ist besonders die Händehygiene-Compliance des ärztlichen Personals durch Feedback und Schulungen fokussierend auf den Visitenereignissen zu optimieren. Innerhalb der Schulungen sollte ebenso die Relevanz des infektionspräventiven Handels in Bezug auf die Überprüfung der invasiven Devices sowie der aseptischen Tätigkeiten liegen.

Referenzen:

[1] S1-Leitlinie „Strategien zur Prävention von postoperativen Wundinfektionen“, AWMF-Registernummer 029/031.http://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/029031l_S1_Postoperative_Wundinfektionen_Praevention_2014 – 01.pdf. [2] Behnke M, Hansen S, Leistner R et al (2013) Nosokomiale Infektionen und Antibiotika-Anwendung: Zweite nationale Prävalenzstudie in Deutschland. DtschArztebl 110:627 – 633.