Geburtshilfe Frauenheilkd 2016; 76 - BoB5
DOI: 10.1055/s-0036-1583773

Nicht invasive, pränatale Genotypisierung erythrozytärer und thrombozytärer Blutgruppenmerkmale aus zellfreier, fetaler DNA mittels Hochdurchsatzsequenzierung (Next-Generation Sequencing, NGS)

S Wienzek-Lischka 1, J Dehl 1, A Krautwurst 1, V Fröhner 1, H Hackstein 1, S Gattenlöhner 2, A Bräuninger 2, C Deisting 3, R Axt-Fliedner 3, J Degenhardt 3, S Santoso 1, U Sachs 1, G Bein 1
  • 1Institut für Klinische Immunologie und Transfusionsmedizin, Justus-Liebig-Universität, Gießen, Deutschland
  • 2Institut für Pathologie, Justus-Liebig-Universität, Gießen, Deutschland
  • 3Zentrum für Pränatalmedizin, Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe, Justus-Liebig-Universität, Gießen, Deutschland

Zielsetzung: Bei schwangeren Patientinnen mit bekannter feto-maternaler Inkompatibilität, die zu einer fetalen und neonatalen Alloimmunthrombozytopenie (NAIT) oder einem Morbus hämolyticus neonatorum (MHN) führen kann, sollte eine Genotypisierung der Humanen Plättchen Antigene (HPA) bzw. der erythrozytären Blutgruppenmerkmale erfolgen. Nach erfolgter Diagnostik kann entschieden werden, ob für den Fetus ein Risiko besteht und weitere diagnostische und therapeutische Interventionen erforderlich sind. Die bisher publizierten Methoden zur non-invasiven fetalen Genotypisierung beinhalten keine internen Kontrollen, um falsch-negative Testergebnisse auszuschließen.

Methoden und Patienten/Materialien: Von 3 Rh D-negativen Schwangeren und 6 Schwangeren mit vorbekannter NAIT aufgrund von anti-HPA-1a (4 Fälle), anti-HPA-5b und anti-HPA-15a wurde zellfreie, fetale DNA aus mütterlichem Plasma isoliert. Die Probenentnahme erfolgte im Median in der 24. Schwangerschaftswoche (15.- 32. SSW). Ein Primerpanel wurde erstellt, um gezielt die SNPs (Single Nucleotide Polymorphisms) bzw. Exonsequenzen von ITGB3 (HPA-1), ITGA2B (HPA-3), ITGA2 (HPA-5), CD109 (HPA-15), RHD, RHCE, KEL, DARC, SLC14A1, GYPA, GYPB und SRY sowie 14 autosomalen, anonymen SNPs zu amplifizieren und mittels Next-Generation Sequencing zu sequenzieren.

Resultate: Die jeweiligen non-maternalen fetalen Blutgruppenmerkmale (RHD, HPA-1a, HPA-5b, HPA-15a) wurden in allen Fällen detektiert. Darüber hinaus wurden in jeder Probe weitere non-maternale Sequenzen autosomaler SNPs bzw. Y-chromosomale Sequenzen nachgewiesen, die nicht nur für eine Quantifizierung der fraktionalen fetalen DNA Menge, sondern auch als interne Kontrolle für das Vorhandensein fetaler DNA dienten. Die durchschnittliche Konzentration der fraktionalen, fetalen DNA betrug 9,43% (Mittelwert; Bereich: 4,4%–27,14%).

Diskussion: Die entwickelte Methode eignet sich zur verlässlichen, nicht-invasiven Detektion fetaler Blutgruppenpolymorphismen, die klinisch eine NAIT bzw. einen MHN auslösen können. Darüber hinaus erlaubt die Detektion weiterer non-maternaler fetaler Sequenzen falsch-negative Testergebnisse auszuschließen.