Geburtshilfe Frauenheilkd 2016; 76 - A10
DOI: 10.1055/s-0036-1583561

Veränderung der autonomen und humoralen Stressantwort bei Kindern nach pränataler Betamethason-Exposition

I Muth 1, E Schleussner 1
  • 1Universitätsklinikum Jena, Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Jena

Fragestellung:

Die pränatale Betamethason (BM)-Behandlung stellt bei drohender Frühgeburt vor der vollendeten 34. Schwangerschaftswoche eine etablierte Methode zur Reduktion der neonatalen Morbidität und Mortalität dar.

Ziel war es, die Langzeiteffekte der pränatalen BM-Exposition auf die Stressantwort regulativer Prozesse des autonomen Nervensystems und der Hypothalamus-Hypophysen-Nebennieren-Achse von Grundschulkindern zu analysieren.

Methodik:

In eine prospektiv klinische Kohortenstudie wurden pränatal BM-exponierte Kinder (2 × 8 mg BM, 12 mehrfach, Gestationsalter zum Behandlungszeitpunkt 215 – 234 d) und nicht exponierte Kontrollen eingeschlossen, die zwischen 1999 und 2001 in Jena und Gera geboren wurden und ein Geburtsgewicht > 5. Perzentile sowie ein Gestationsalter zur Geburt ≥238 d aufwiesen.

Es erfolgte ein 1:1 Matching bezüglich Gestationsalter zur Geburt, Geschlecht und Alter zum Untersuchungszeitpunkt. Ausschlusskriterien waren Mehrlingsschwangerschaften, Noxenabusus in graviditate, peri- und postnatale Komplikationen.

Im Zeitraum vom 01.10.2008 – 31.08.2009 wurden von diesen Kindern unter standardisierten psychologischen Stressbedingungen (Trier Social Stress Test adaped for Children) die Herzfrequenzvariabilität, die Baroreflexsensitivität, die α-Amylase-Aktivität und die Cortisolkonzentration im Speichel erfasst.

Der Analyse expositionsbedingter Unterschiede dienten gemischte lineare Modelle, als Effektmaß die geschätzte Differenz der Gruppenmittelwerte. Für die Herzfrequenzvariabilität wurden zuerst die Niveauunterschiede der Mittelwertkurven über alle Testintervalle und nachfolgend die Änderung gegenüber dem intraindividuellen Ausgangsniveau betrachtet. Die Bewertung der Cortisolkonzentrationen vor und nach der Stressbelastung sowie an einem Referenztag erfolgte separat.

Ergebnisse:

Von den 39 gematchten Paaren erfüllten 31 Kinder mit und 38 ohne BM-Exposition die Studienkriterien (mittleres Alter 8,4 Jahre, 52% Mädchen, mittleres Gestationsalter zur Geburt 265 d).

Während des Stresstestes zeigten die BM-exponierten Kinder im Vergleich zu den nicht exponierten eine geringere Cortisolantwort (Geometrischer Mittelwert 1,28 versus 1,55 nmol/l) bei gleichzeitig erhöhter α-Amylase-Aktivität (314 versus 226µmol/ls). Ein signifikanter Effekt wurde bei der Herzfrequenzvariabilität für die sympathovagale Balance beobachtet (Mittelwert 0,33 versus 1,05), Post-hoc mit zusätzlichem Dosiseffektgradienten.

Schlussfolgerung:

Nach pränataler BM-Behandlung werden Langzeiteffekte auf die Stressreaktivität beobachtet.