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DOI: 10.1055/s-0036-1583465
Einflüsse von Disstress und Persönlichkeitsfaktoren auf die Entscheidung über präventive Maßnahmen nach Feststellung einer BRCA-Mutation
Fragestellung: Die steigende Inanspruchnahme prophylaktischer Mastektomien in den letzten Jahren („Jolie-Effekt“) wirft die Frage auf, welche Faktoren die Entscheidung bezüglich präventiver Maßnahmen beeinflussen.
Methoden: Im Rahmen einer prospektiven Studie (Juni 2013 bis Dezember 2014), gefördert vom Bundesministerium für Gesundheit (Förderzeichen IIA5 – 2512 FSB 002), wurden 159 BRCA1/2-Mutationsträgerinnen nach eingehender Risikoberatung hinsichtlich Disstress (HADS), Persönlichkeitsfaktoren (FPI), Erkrankungsrisiko und soziodemographischer Daten im Zusammenhang mit ihrer Entscheidungstendenz für präventive Maßnahmen untersucht.
Ergebnisse: Über alle Erhebungszeitpunkte konnten signifikant erhöhte Angstmittelwerte gegenüber der Allgemeinbevölkerung festgestellt werden. 18 – 27% der Mutationsträgerinnen zeigten zu allen Messzeitpunkten pathologische Angstwerte (HADS-A> 10), unabhängig davon, ob sie bereits an Brustkrebs erkrankt waren oder nicht. Erhöhte Angstwerte waren signifikant mit der Entscheidung zur prophylaktischen Mastektomie (PM) assoziiert (p < 0,001), während Mutationsträgerinnen mit Normalwerten (HADS-A< 8) sich überwiegend für das intensivierte Früherkennungsprogramm (iFE) entschieden.
Persönlichkeitsfaktoren, wie höhere Lebenszufriedenheit korrelierten signifikant mit der Entscheidung für das iFE (p > 0,001), während Faktoren, wie soziale Orientierung (p = 0,012), Emotionalität (p < 0,001) und (allg.) somatische Beschwerden (p = 0,004) signifikant mit der Entscheidung zur PM korrelierten. Ein Zusammenhang zwischen Erkrankungsrisiko, Familiensituation, Alter und Bildungsniveau und der Entscheidung konnte hingegen nicht nachgewiesen werden.
Schlussfolgerung: Angst und Persönlichkeitsfaktoren spielen eine zentrale Rolle bei der Entscheidung für oder gegen präventive Maßnahmen, während der Krankheitsstatus und das individuelle Erkrankungsrisiko weniger relevant sind. In einer Folgestudie soll die Frage geklärt werden, ob Betroffene mit erhöhten Angstwerten einer psychotherapeutischen Intervention zugänglich sind und ob dies die Entscheidungsfindung beeinflusst.