Geburtshilfe Frauenheilkd 2016; 76 - A21
DOI: 10.1055/s-0036-1582187

Postpartales akutes Nierenversagen mit thrombotischer Mikroangiopathie bei St.p. Präeklampsie

S Hösel 1, C Fazelnia 1, C Stierle 1, T Fischer 1, D Wertaschnigg 1
  • 1Universitätsklinik für Frauenheilkunde und Geburtsmedizin der PMU

Fallbericht: Stationäre Aufnahme einer 32-jährigen Erstgravida in der SSW 32+2 bei vorzeitiger Wehentätigkeit zur Induktion der Lungenreife und Tokolyse. Zum Aufnahmezeitpunkt gab es keine Gestosezeichen und ein unauffälliges HELLP-Labor. In der SSW 33+4 wird bei pathologischen CTG und beginnender Präeklampsie (erhöhte RR-Werte 167/93 mmHg, Proteinurie mit 604 mg/24h) die Indikation zur Sectio gestellt. Postoperativ kommt es zum Auftreten einer Thrombozytopenie (bis 71 G/l), Anämie (bis 6,4 g/dl), Mikrohämaturie, Lungenödem, generalisierter Ödeme, Perikarderguss, hypertensive Blutdruckwerte und einer kontinuierlichen Verschlechterung der Nierenfunktionsparameter. Bei akutem Nierenversagen (Kreatinin 2,2 mg/dl) erfolgte eine Nierenbiopsie am 14. postoperativem Tag. Die Biopsie ergab eine arterioläre thrombotische Mikroangiopathie mit dem Bild einer Endotheliose passend zu einer Präeklampsie ohne Hinweis auf eine Glomerulonephritis. Aufgrund fulminanter Verschlechterung der Nierenfunktionsparameter (Kreatinin bis zu 4,5 mg/dl am 31. Tag nach Sectio) erfolgte eine Therapie mit insgesamt 8 Plasmapheresen. Bei unauffälliger Adamts 13 Aktivität für eine HUS-TTP, erfolgt die Sequenzierung des Komplementsystems zur Abklärung eines atypischen HUS, welches schlussendlich ebenso unauffällig war. Bei Überlegungen aufgrund anfänglicher Progredienz der Erkrankung trotz Plasmapherese wird ein Therapiebeginn mit Eculizumab diskutiert. Nach plötzlicher Besserung der Nierenfunktionsparameter nach der letzten Plasmapherese kann das geplante Therapieregime mit Eculizumab zurückgestellt werden. Im weiteren Verlauf stabilisierte sich die chronische Niereninsuffizienz im MDRD-Stadium 3 (G3A2), jedoch entwickelte die Patientin ca. zwei Monate nach Entbindung rheumatische Gelenksbeschwerden (Knie- und Schulterschmerzen mit deutlicher Bewegungseinschränkung) bei anamnestisch bekanntem Raynaud Syndrom und ANA mit RNP- und Scl70-Positivität. Deshalb entsprechende Abklärung bezüglich Kollagenosen mit der momentanen Verdachtsdiagnose einer Sklerodermie. 6 Monate post partum ist die Patientin unter Therapie mit AT2-Blocker, Betablocker, Schleifendiuretikum, Kalziumantagonist und Alpha-1-Antagonist zufriedenstellend stabil und unter laufender nephrologischer Kontrolle.

Schlussfolgerung: Dieser seltene Fall eines akuten postpartalen Nierenversagens bei einer Präeklampsie mit Übergang in eine chronische Niereninsuffizienz könnte möglicherweise auf der Basis einer bis dahin nicht diagnostizierten Autoimmunerkrankung mit Mikroangiopathie entstanden sein.