Z Gastroenterol 2016; 54 - K13
DOI: 10.1055/s-0036-1582082

Blutungsrisiken durch perioperatives Bridging bei oraler Antikoagulation in der Viszeralchirurgie

JF Lock 1, P Borst 1, L Ungeheuer 1, R Wildenauer 1, CT Germer 1
  • 1Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie, Gefäß- und Kinderchirurgie, Universitätsklinikum Würzburg, Zentrum Operative Medizin, Oberdürrbacher Str. 6, 97080 Würzburg

Einleitung: Eine steigende Zahl von Patienten erhalten eine orale Antikoagulation vor viszeralchirurgischen Operationen. Bisher war eine perioperative Umstellung auf niedermolekulares Heparin, das sog. Bridging üblich. Aktuelle Studien bezweifeln allerdings die Effektivität des Bridgings zur Vermeidung thromboembolischer Ereignisse. Ziel dieser Studie war es, das Blutungsrisiko durch Bridging bei viszeralchirurgischen Eingriffen zu untersuchen.

Material und Methoden: Retrospektive, monozentrische Studie von Patienten im Zeitraum 2011 – 2014. Einschlusskriterien: orale Antikoagulation. Ausschlusskriterien: Notfalleingriffe. Erfasst wurden Komorbiditäten, die Art des Bridgings, sowie postoperative Komplikationen. Die statistische Auswertung erfolgte mittels IBM SPSS Statistics 22.

Ergebnisse: Insgesamt 263 Patienten wurden ausgewertet, wobei in 59 Fällen Nachblutungen auftraten (22,1%; 32 subkutane Hämatome, 15 tiefe Hämatome, 5 Drainagenblutungen, 3 peranale Blutungen, 4 Sonstige), in 50 Fällen erfolgten Transfusionen (19%), in 40 Fällen Revisionsoperationen (15%). Das Risiko für Nachblutungen war erhöht beim Bridging in therapeutischer Dosierung (2 × 1 mg/kg Enoxaparin; n = 52/192, 27%), im Vergleich zu halbtherapeutischer (1 × 1 mg/kg; n = 3/26, 12%) und prophylaktischer Dosierung (1 × 40 mg; n = 4/49, 8%; P = 0,007). Thromboembolische Ereignisse traten bei 2 Patienten auf (0,7%; Apoplex, Lungenembolie). Eine falsche Risikobewertung führte bei 35 Patienten (13%) zu einem nicht indizierten therapeutisches Bridging, wobei 8 Nachblutungen auftraten. Darüber hinaus war die perioperative Pausierung des Bridging bei der Mehrzahl der Fälle zu kurz. Die Dauer der postoperativen Pausierung korrelierte mit dem Blutungsrisiko (p = 0,041).

Schlussfolgerungen: Patienten mit Bridging in therapeutischer Dosierung unterliegen einem hohen Nachblutungsrisiko in der Viszeralchirurgie. In der Praxis wird die Indikation zum Bridging oftmals nicht ausreichend differenziert und die perioperative Pausierung zu kurz durchgeführt. Daher sollte bei jedem Patienten eine individuelle Risiko-Nutzen Abwägung des Bridgings erfolgen. In den meisten Fällen könnte eine normale Thromboseprophylaxe ausreichend sein und die Inzidenz von Blutungskomplikationen deutlich verringern.