Geburtshilfe Frauenheilkd 2016; 76(04): 427-441
DOI: 10.1055/s-0036-1580662
C. Gynäkologie und gynäkologische Onkologie
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Sister-Mary-Joseph's Nodule beim Ovarialkarzinom – Zwei Fallberichte

D Garner
1   Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe am Klinikum Passau, Passau
,
E Balogh
1   Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe am Klinikum Passau, Passau
,
T Krauß
1   Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe am Klinikum Passau, Passau
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Publication History

Publication Date:
26 April 2016 (online)

 

Ziel:

Der Sister Mary Joseph's Nodule (SMJN) ist eine seltene tumoröse Raumforderung im Bereich des Nabels, welche als klinische Erstmanifestation eines Karzinoms mit fortgeschrittener intraabdominaler Metastasierung auftreten kann und als Indikator für ein schlechtes Outcome gilt. Im Folgenden werden zwei Fälle von Patientinnen mit SMJN beim Ovarialkarzinom beschrieben.

Methodik:

Fall 1: Die Vorstellung der 60-jährige Patientin erfolgte aufgrund diffuser abdomineller Beschwerden und eines 1 cm großen, auf Kontakt blutenden Tumors im Bereich des Nabels. Die Tumormarker Ca12 – 5 und CEA waren mit 276 U/ml bzw. 67 ng/ml erhöht. Bildgebend zeigte sich eine Raumforderung ausgehend vom linken Ovar von max. 14 cm mit Aszites und Harnstau. Die Biopsie des Nabeltumors ergab ein endometrioides Adenokarzinom.

Fall 2: Die 74-jährige Patientin wurde aufgrund ausgeprägter Dyspnoe im Rahmen eines malignen Pleuraergusses vorstellig. Die klinische Untersuchung zeigte eine 2,5 cm große vulnerable Raumforderung am Nabel. Der Tumormarker Ca 12 – 5 war mit 46000 U/ml deutlich erhöht. Die CT-Untersuchung ergab den dringenden Verdacht auf ein Ovarialkarzinom mit ausgedehnter Peritonealkarzinose und pulmonaler Metastasierung.

Ergebnisse:

Fall 1: Im Rahmen der explorativen Laparotomie zeigte sich neben dem Adnexprozess links eine Peritonealkarzinose im kleinen Becken. Nach stadiengerechter Operation inklusive Omphalektomie konnte eine makroskopische Tumorfreiheit erreicht werden. Abschießendes Tumorstadium FIGO IVb. Adjuvant erfolgte die leitliniengemäße Chemotherapie bestehend aus 6 Zyklen Carboplatin/Taxol. Nach Abschluss der Therapie konnte eine klinische und bildgebende Komplettremission verzeichnet werden.

Fall 2: Durch die operative Versorgung der zweiten Patientin konnte aufgrund ausgedehnter Tumormassen im Abdomen lediglich ein Tumordebulking vorgenommen werden (R2). Histologisch ergab sich ein gering differenziertes papilläres Adenokarzinom ausgehend vom rechten Ovar, FIGO IVb. Die folgende Chemotherapie mit 6 Zyklen Carboplatin/Taxol in Kombination mit Avastin wurde bereits nach dem 1. Zyklus aufgrund rascher AZ-Verschlechterung abgebrochen. Die Patientin verstarb innerhalb eines 3-Monats-Zeitraumes.

Diskussion:

Das Phänomen des SMJN tritt am häufigsten im Rahmen gastrointestinaler oder gynäkologischer Tumore auf. Differentialdiagnostisch abzugrenzen ist eine Endometriose, eine umbilicale Hernie, ein primärer Nabeltumor oder eine Keloidbildung (z.B. als Folge einer Laparoskopie). Das diagnostische Mittel der Wahl ist die Biopsie zur Histologiegewinnung. In der Literatur wird das durchschnittliche Überleben aufgrund der meist fortgeschrittenen Metastasierung mit 2 – 11 Monaten angegeben. Die Prognose wird sich letztendlich nach der Operabilität des Primärtumors und dem Ansprechen auf die adjuvante Chemotherapie entscheiden. Dies bestätigte sich auch in den von uns behandelten Patientinnen mit SMJN.