Gesundheitswesen 2016; 78 - V57
DOI: 10.1055/s-0036-1578872

Perspektivwechsel bei Menschen mit Behinderungen in Recht und Gesellschaft – was heißt das für den Kinder- und Jugendgesundheitsdienst?

B Berg 1
  • 1Landesgesundheitsamt Baden-Württemberg im RP Stuttgart, Stuttgart

Gesellschaftliche und rechtliche Entwicklungen der letzten zwanzig Jahre in Deutschland haben den Boden für die aktuelle Umbruchzeit im Aufwachsen und Zusammenleben von Menschen mit und ohne Behinderungen bereitet. Die gesellschaftliche Prägung durch nationalsozialistische Entwertungskategorien war zuvor über Jahrzehnte langsam geschwunden. Menschen mit Behinderungen sollen gleichberechtigt mit Menschen (noch) ohne Behinderungen an allen Lebensbereichen teilhaben und ebenso selbstbestimmt wie diese ihr Leben führen können. Gesellschaftliche und administrative Barrieren sollen abgebaut werden mit dem Ziel eines inklusiven, partizipativ organisierten Zusammenlebens, in dem zugleich individuelle Assistenz und Unterstützung möglich ist. Insbesondere das Inkrafttreten der UN-Behindertenrechtskonvention führte zu einem neuen Schub sowohl bei der Überprüfung der Umsetzung bereits geltender Gesetze als auch bei der Gestaltung inklusiver Lebenswelten. Der Kinder- und Jugendgesundheitsdienst des ÖGD hat ein bundesweit je nach Ländern unterschiedliches Spektrum von Aufgaben, in denen er mal mehr, mal weniger an diesem Umbruch beteiligt ist. Auch die traditionelle Erstellung von ärztlichen ÖGD-Gutachten und Stellungnahmen für Kinder und Jugendliche im Rahmen der Eingliederungshilfe gehört dazu. Im Vortrag werden die bundesgesetzlichen Regelungen der Eingliederungshilfe und verwandter Bundesgesetze in den Blick genommen mit Fokus auf die Rolle der Ärzte und Ärztinnen des KJGD im ÖGD. Es werden konkrete wahrnehmbare Spannungsfelder zur eingeübten und tradierten Praxis identifiziert sowie konkrete Schlussfolgerungen für eine im gesellschaftlichen und rechtlichen Kontext aktualisierte Arbeitspraxis im KJGD dargestellt.