Geburtshilfe Frauenheilkd 2016; 76 - A7
DOI: 10.1055/s-0036-1571404

Ignaz Philipp Semmelweis (1818 – 1865) – „Der Retter der Mütter“ zum 150. Todestag

AD Ebert 1, M David 2
  • 1Praxis für Frauengesundheit, Gynäkologie und Geburtshilfe, Berlin
  • 2Klinik für Gynäkologie, Campus Virchow-Klinikum, Charité-Universitätsmedizin Berlin

Ignaz Semmelweis sollte nach dem Willen des Vaters eigentlich Militärhistoriker werden, entschied sich dann aber nach zwei Jahren an der philosophischen Fakultät in Pest für das Studium der Medizin, das er an der Universitäten in Pest und Wien absolvierte. Großen Einfluss hatten seine Lehrern Carl v. Rokitansky sowie die Internisten Josef v. Skoda und Ferdinand v. Hebra, die der sog. jüngeren Wiener Schule zugerechnet werden. Am 2.4.1844 erfolgte erfolgreich die medzinische Doktorprüfung. S. besuchte dann Kurse in Geburtshilfe u.a. bei Johann Chiari, dem Schwiegersohn Prof. Kleins (seines Chefs) und wurde am 1.8.1844 Magister der Geburtshilfe. Bei seinen intensiven pathologisch-anatomische Studien (Karl v. Rokitansky) schloss Semmelweis Freundschaft mit Prof. Jakob Kolletschka, dessen tragischer Tot (Blutvergiftung bei einer Leichenpräparation) Semmelweis die Augen über die Ursachen des Kindbettfiebers öffnete. Semmelweis selbst seziert in den Morgenstunden gestorbene Wöchnerinnen und Neugeborene (allesamt gestorben am Kindbettfieber) und ging dann in den Kreissaal um Schwangere zu untersuchen. Am 30.11.1845 erhielt er noch den üblichen Titel eines Magister der Chirurgie und wurde 27. Februar 1846 provisorischer Ass.-Arzt an der I. Gebärklinik (Direktor: Prof. Johann Klein). In dieser Klinik lag im März 1846 die Mortalität an Kindbettfieber bei 15,43% (48/311), im April 1846 gar bei 18,97% (48/253). Zum 20. März 1847 wurde Semmelweis ordentlicher Assistent. Ihm wurde bald klar, dass das Kindbettfieber eine iatrogen übertragene Blutvergiftung war. S. untersagte die Leichenübungen und führte zeitgleich Ende Mai 1847 strikte Chlorkalk-Waschungen ein. Die Todesfälle an Kindbettfieber nahmen dramatisch ab. Semmelweis schrieb: „… In diesem aufgeregten Zustande drängte sich meinem Geiste mit unwiederruflicher Klarheit die Identität der Krankheit, an welcher Kolletschka gestorben war, mit Derjenigen, an welcher ich so viele Hunderte Wöchnerinnen sterben sah, auf …“ Nach Querelen mit Prof. Klein wird 1849 Semmelweis' Stelle nicht verlängert. Er arbeitet in der Praxis und stellt am 10. Oktober 1850 das Ersuchen um eine Dozentur für Geburtshilfe („am Modell und am Cadaver“). Dem Ersuchen wird vom Ministerium zunächst mit der Einschränkung „am Modell“ stattgegeben. Semmelweis verlässt daraufhin – ohne sich von den Freunden zu verabschieden – Wien in Richtung Budapest und wird „unbesoldeter Honorar-Primarius“ am städtischen St. Rochus-Spital. Am 18. Juli 1855 wird Semmelweis ordentlicher Professor der theoretischen und praktischen Geburtshilfe an der Universität zu Pest. Semmelweis erhielt einen Ruf an die Universität Zürich und war für die Universität Prag im Gespräch (Semmelweis konnte kein Tschechisch – k.u.k. Norm). 1856/57 erfolgte durch Rokitansky, Hebra, Skoda und Dummreicher seine Nominierung als Nachfolger Klein's an die I. Wiener Gebärklinik (gute Chancen). Die Berufung scheiterte an einem ungewöhnlichen Problem: Semmelweis hatte nichts publiziert! Erst 1861 erscheint sein Opus magnum: „Die Aetiologie, der Begriff und die Prophylaxis des Kindbettfiebers“.