Zahnmedizin up2date 2016; 10(03): 197-198
DOI: 10.1055/s-0035-1568753
Editorial
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Frugale Innovationen in der Zahnmedizin

Hans Jörg Staehle
Weitere Informationen

Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
31. Mai 2016 (online)

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

wenn Sie die zahnärztliche Fortbildungsliteratur überblicken und regelmäßig zahnärztliche Kongresse besuchen, werden Sie feststellen, dass dort zu einem großen Teil der sogenannte Premiumbereich („hochwertige“ Versorgung) thematisiert und vermittelt wird. Es geht um faszinierende Hightechverfahren, immer ausgefeiltere CAD-CAM-Technologien, umfangreiche Implantatinsertionen, minutiöse Umsetzung von „Super-Ästhetik“, lasergestützte Interventionen usw. Damit können zweifellos die Erwartungen und Wünsche eines bestimmten Segments der Bevölkerung erfüllt werden. Es gibt aber bekanntlich nicht nur „VIPʼs“. Zuweilen sieht man für einen großen Teil der übrigen Leute die Versorgung mit Billigprodukten/-dienstleistungen im Sinne einer „Low-Cost-Strategie“ vor. Da diese Schwarz-Weiß-Betrachtung (die nicht nur den Medizinbereich betrifft) jedoch nicht die tatsächlichen Erfordernisse der Gesamtbevölkerung mit ihren vielfältigen Abstufungen abdecken kann, sucht man in der Wirtschaft schon seit Langem nach Alternativen. Ein Beispiel dafür sind die sog. frugalen Innovationen. Frugalis (lat.) bedeutet einfach, sparsam, nutzbar; frugi (lat.) bedeutet tauglich. Der aus der Betriebswirtschaftslehre stammende Begriff wird nach Tiwari und Herstatt (2014) wie folgt definiert: „Frugale Innovationen können als neue Produkte und Dienstleistungen verstanden werden, die den Einsatz von materiellen und finanziellen Ressourcen im kompletten Produktlebenszyklus von der Entwicklung und Produktion bis hin zur Nutzung und Entsorgung zu minimieren suchen und die Besitz- bzw. Nutzungskosten bei gleichzeitiger Gewährleistung akzeptabler Sicherheits- und Qualitätsstandards beim Verwender substanziell reduzieren“. Obwohl es sich hier nicht um wirklich neue Strategien handelt, sondern eher um einen neuen Begriff für eine alte Fragestellung, könnte er die Diskussion beleben.