Z Gastroenterol 2015; 53 - A2_45
DOI: 10.1055/s-0035-1568017

Genotypen-spezifische Prävalenz und Bedeutung natürlich vorkommender Precore-, Basal Core Promotor- und preS-Mutationen in einer großen europäischen Studienkohorte bei chronisch mit dem Hepatitis B Virus infizierten Patienten

L Sommer 1, KH Peiffer 1, J Dietz 1, S Susser 1, J Petersen 2, P Buggisch 2, M Cornberg 3, S Mauss 4, H Klinker 5, MF Sprinzl 6, F van Bömmel 7, E Hildt 8, C Berkowski 1, D Perner 1, S Passmann 1, S Zeuzem 1, C Sarrazin 1
  • 1Klinikum der J. W. Goethe-Universität, Medizinische Klinik 1, Frankfurt am Main, Deutschland
  • 2IFI-Institut an der Asklepiosklinik St. Georg, Hamburg, Deutschland
  • 3Medizinische Hochschule Hannover, Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie und Endokrinologie, Hannover, Deutschland
  • 4Zentrum für HIV und Hepatogastroenterologie, Düsseldorf, Deutschland
  • 5Universitätsklinikum Würzburg, Zentrum Innere Medizin, Würzburg, Deutschland
  • 6Universitätsmedizin der Johannes-Gutenberg-Universität, I. Medizinische Klinik und Poliklinik, Mainz, Deutschland
  • 7Universitätsklinikum Leipzig, Klinik für Gastroenterologie und Hepatologie, Leipzig, Deutschland
  • 8Paul-Ehrlich-Institut, Abteilung Virologie, Langen, Deutschland

Einleitung/Ziele:

In verschiedenen asiatischen Studien konnte gezeigt werden, dass Mutationen im basalen Core Promotor (BCP) und in der preS-Region des Hepatitis B Virus (HBV) mit der Entwicklung einer Leberfibrose/Zirrhose und/oder eines Hepatozellulären Karzinoms assoziiert sind. Bezüglich Mutationen im Precore-Gen (PC) ist die Datenlage eher kontrovers. Über die Relevanz dieser Mutationen in chronisch HBV-infizierten Patienten in der EU und den USA existieren jedoch nur wenige Daten. Um prognostische Marker auch in diesem Patientenkollektiv zu etablieren, wurde die genotypen-spezifische Prävalenz dieser Mutationen sowie die Bedeutung dieser für den Verlauf der Erkrankung in einer großen europäischen Studienkohorte von Patienten untersucht, die mit den HBV-Genotypen (GT) A bis E infiziert sind.

Methoden:

In der prospektiven, longitudinalen ALBATROS-Studie werden HBsAg-Träger, die keiner antiviralen Therapie bedürfen, über 10 Jahre untersucht. Baseline-Seren von 340 Patienten (GTA: 81, GTB: 28, GTC: 16, GTD: 192, GTE: 23) wurden analysiert. Das Fortschreiten der Infektion wurde bisher bis zu 5 Jahren Follow-Up (FU) kontrolliert. Die BCP/PC- und preS-Regionen wurden mittels nested PCR amplifiziert und mit populationsbasierter Sequenzierung analysiert.

Ergebnisse:

Die BCP Doppelmutation A1762T/G1764A konnte in unserer Kohorte mit einer Rate von 60% (203/340) detektiert werden. Die Prävalenz war bei GTE (91%) am höchsten, gefolgt von GTA, GTC und GTD (56 – 69%) und der niedrigsten Prävalenz bei GTB (29%). In 42% der Patienten (142/340) konnte die PC G1896A Mutation gefunden werden; mit hohen Prävalenzen in GTB, GTC und GTD (71, 56 und 54%) sowie niedrigen Prävalenzen bei GTA und GTE (10 und 9%). Außerdem wurde die PC G1896A/G1899A Doppelmutation mit einer mittleren Frequenz von 27, 18 und 13% in GTD-, GTB- und GTC-Patienten gefunden. In GTA-Patienten trat diese nur selten (3%) auf und konnte in GTE-Patienten nicht nachgewiesen werden (0%).

Deletionen im preS-Bereich, die sich in ihrer Länge von 1 AS bis 41 AS unterschieden, traten in 8% der untersuchten Patienten mit der höchsten Prävalenz bei GTE (40%) und GTC (29%) auf.

Bisher mussten 7 Patienten (GTA: 2; GTD: 4: GTE: 1) eine antivirale Therapie nach 1 – 4 Jahren FU beginnen. A1762T/G1764A wurde hierbei in 6/7 und G1896A/G1899A in 1/7 Patienten zu Baseline gefunden.

Zusammenfassung:

BCP und PC Mutationen konnten in unserer Studienkohorte mit großer Häufigkeit in einer HBV-Genotyp-spezifischen Verteilung nachgewiesen werden. Deletionen in der preS-Region traten hingegen nur mit einer niedrigeren Prävalenz hauptsächlich bei GTE und GTC auf.

Interessanterweise hatten 6/7 HBsAg-Träger, die eine antivirale Therapie während des Studienzeitraums beginnen mussten, die BCP Doppelmutation zu Baseline, wobei PC Mutationen nur selten in diesen Patienten zu finden waren.

Aufgrund dessen könnten BCP und PC Mutationen von großem klinischem Interesse als potentielle prognostische Marker auch bei europäischen HBsAg-Trägern sein.

Korrespondierender Autor: Sommer, Lisa

E-Mail: l.sommer@med.uni-frankfurt.de