Z Geburtshilfe Neonatol 2015; 219 - P12_11
DOI: 10.1055/s-0035-1566721

Konzeption unter oraler Aknetherapie mit Isotretinoin

WE Paulus 1
  • 1Institut für Reproduktionstoxikologie, Medikamentenberatung, Ravensburg, Germany

Fragestellung: Isotretinoin wird als synthetisches Derivat des Vitamin A seit über 30 Jahren erfolgreich zur systemischen Behandlung der Akne eingesetzt. Während der Therapie und vier Wochen nach Absetzen der Medikation muss für eine sichere Kontrazeption gesorgt werden, da unter Retinoiden Störungen der Gesichts- und Gaumenbildung, kardiovaskuläre Defekte, ZNS-Anomalien sowie Schäden an Augen und Ohren bei den Nachkommen beschrieben sind.

Methodik: Im Rahmen einer prospektiven Followup-Studie wurden von unserem Pharmakovigilanz- und Beratungszentrum zwischen 1993 und 2014 61 Schwangerschaften erfasst, die unter oraler Therapie mit Isotretinoin in Tagesdosen zwischen 2,5 und 40 mg eingetreten waren. In weiteren 10 Fällen lagen zwischen Therapieende und Konzeption weniger als vier Wochen. Nach Feststellung der ungeplanten Schwangerschaften wurde unser Zentrum von den betreuenden Fachärzten im Hinblick auf teratogene Risiken kontaktiert.

Ergebnis: Da in den Fachinformationen ein therapiefreies Intervall von mindestens vier Wochen vor Konzeption gefordert wird, entschieden sich 50 Patientinnen (50/71 = 70,4%) aus Angst vor Fehlbildungen zum frühzeitigen Abbruch der Schwangerschaft. Unter den verbliebenen 21 Schwangerschaften trat in fünf Fällen ein Spontanabort im ersten Trimenon ein (6/21 = 28,6%). Bei den 15 ausgetragenen Schwangerschaften wurden ausschließlich gesunde Neugeborene registriert, die innerhalb eines Zeitraumes von drei Monaten nach Geburt keine Auffälligkeiten zeigten. In diesen Fällen nahmen die Schwangeren eine Tagesdosis zwischen 2,5 und 40 mg (Median 20 mg/d) bis SSW 4/2 im Median (Therapieende: 27 Tage vor Konzeption bis 63 Tage nach Konzeption) ein.

Schlussfolgerung: Trotz ausführlicher Aufklärung über die bekannten Risiken einer Schwangerschaft unter oraler Aknetherapie mit Isotretinoin versagt das Schwangerschaftsverhütungsprogramm immer wieder. Bei perikonzeptionellem Absetzen der Behandlung scheint jedoch das teratogene Risiko begrenzt zu sein.