Z Geburtshilfe Neonatol 2015; 219 - P10_4
DOI: 10.1055/s-0035-1566688

Programm Babylotse – Modellhafte Evaluation der Wirksamkeit eines Sozialen Frühwarnsystems

S Siefert 1, S Pawils 2, A Schwinn 2, U Koch 2, F Metzner 2, F Reiß 3
  • 1Katholisches Kinderkrankenhaus Wilhelmstift, Hamburg, Germany
  • 2UKE Hamburg, Institut u. Poliklinik f. Medizin. Psychologie, Hamburg, Germany
  • 3UKE Hamburg, Hamburg, Germany

Frühzeitiger Kinderschutz hat in Deutschland an Bedeutung gewonnen. Zwischen 2008 und 2010 wurde in Hamburg das stationäre soziale Frühwarnsystem, Babylotse Hamburg, implementiert. Sozialpädagoginnen, sog. Babylotsen (BL), erfassten in der Geburtsklinik Marienkrankenhaus psychosozial belastete Familien kurz vor oder nach der Geburt. Bei Hilfebedarf bahnten die BL die strukturierte Überleitung an Einrichtungen der Frühen Hilfen und des Regelsystems. Geprüft wurden die Wirksamkeit des Kinderschutzes und die Verbesserung der Lebenssituation der betroffenen Familien. Ziel war auch die Entwicklung eines praxisnahen Instrumentariums zur standardisierten Implementierung des Programms BL in anderen Geburtskliniken deutschlandweit. Der Wirksamkeitsnachweis des BL Programms wurde anhand einer Gesundheitsprüfung der Kinder im Längsschnittdesign geführt. Ein Jahr nach Geburt wurden analysiert: der Gesundheitszustand des Kindes, die Eltern-Kind-Bindung, die Familienbefindlichkeit, der Pflegestand und Sozialraumprobleme. Bei der Gesundheitsprüfung wurde die von Babylotsen begleitete Gruppe mit einer randomisierten Teilstichprobe der unauffälligen Kontrollgruppe verglichen. Angewandt wurden Datenanalyse, persönliche und telefonische Befragungen, Gesundheitscheck, Fremde-Situations-Test. Die Evaluation des BL Projektes zeigte eine breite Akzeptanz des Programms. Die eingesetzten Screening- und Clearinginstrumente erscheinen valide. Familien der Interventionsgruppe (mit BL Begleitung) im Vergleich zur Kontrollgruppe (ohne BL Bedarf) zeigten keinen signifikanten Unterschied in der kindlichen Entwicklung und Verhalten, dem Pflegezustand, der Versorgungssituation, der familiären Lebenszufriedenheit und der Teilnahme an pädiatrischen Vorsorgeuntersuchungen. Signifikante Unterschiede gab es beim Vergleich der Probanden- und Kontrollgruppe bei sozialen Problemen. Längerdauernde Unterstützungsmaßnahmen sind in diesen Familien erforderlich.