Z Geburtshilfe Neonatol 2015; 219 - FV16_1
DOI: 10.1055/s-0035-1566552

Leiden Mütter mit (drohender) Frühgeburt vor allem unter Angst, Depression und/oder Stress? Prospektiver Längsschnitt über 4 Messzeitpunkte

S Oddo-Sommerfeld 1, K Schermelleh-Engel 2, S Schulze 1, L Bodniece 1, 2, F Fornoff 1, R Allert 1, F Louwen 1
  • 1Uniklinik Frankfurt, Geburtshilfe und Pränatalmedizin, Frankfurt, Germany
  • 2Universität Frankfurt, Institut für Psychologie- Psychologische Methodenlehre und Evaluation, Frankfurt, Germany

Fragestellung: Prospektive Studien, die differentielle Aspekte psychischer Belastung von Müttern mit (drohender) Frühgeburt untersuchen, sind bisher kaum existent. Die (drohende) Frühgeburt ist jedoch ein Risiko für psychische Belastung bei werdenden Eltern, die wiederum langfristig die Entwicklung der Kinder beeinflussen kann.

Methodik: Im ersten Teil einer Langzeitstudie wurden zu 4 Messzeitpunkten prä- und postpartal Angst, Depression sowie biologische und psychologische Stressparameter (u.a. Cortisol) untersucht. Außerdem werden verschiedene medizinische Komplikationen, psychotherapeutische Interventionen und psychosoziale Aspekte erfasst. Die Risikogruppe umfasst stationäre Schwangere mit drohender Frühgeburt (< 37. SSW). Die Kontrollgruppe ohne drohende Frühgeburt wird in der Schwangerenberatung erhoben. Es werden ebenfalls mögliche protektive Faktoren wie z.B. Selbstwirksamkeit, Partnerschaft erfasst.

Ergebnisse: Aktuell liegen bereits Daten zu allen 4 Messzeitpunkten bis 2 Jahre postpartal vor. Bisher wurden insgesamt 320 Mütter eingeschlossen. Die Risikogruppe zeigt höhere Angstscores und Depressionsscores als die Kontrollmütter. Dies nivelliert sich im Verlauf. Im Stresserleben zeigen sich keine stringenten Unterschiede. Die Selbstwirksamkeit spielt als Prädiktor eine wichtige Rolle. Es zeigen sich Unterschiede zwischen Frauen, die präpartal unter einem Frühgeburtsrisiko leiden, dann aber zeitgerecht entbinden und Frauen mit einer tatsächlichen Frühgeburt. Ebenso liegen erste Daten zur speziellen Gruppe der Zwillingsmütter vor.

Schlussfolgerung: Die vorläufigen Daten weisen auf ein deutlich erhöhtes Depressivitäts- und Angstniveau bei Müttern mit drohender Frühgeburt hin. Selbstwirksamkeit ist ein bedeutsamer Einflussfaktor. Die Dringlichkeit psychologischer Interventionen in geburtshilflichen Abteilungen mit hoher Frühgeburtlichkeitsprävalenz wird deutlich.