Z Geburtshilfe Neonatol 2015; 219 - FV03_2
DOI: 10.1055/s-0035-1566464

Steigender Konsum von Crystal in Sachsen und dessen Risiken für Schwangere und Neugeborene – Erfahrungen eines Perinatal-Zentrums

N Näther 1, N Zöllner 1, P Hinner 1, J Reichert 1, M Rüdiger 1, J Dinger 1
  • 1Kinderklinik, Medizinische Fakultät der TU Dresden, Dresden, Germany

Einleitung: Seit Jahren bereitet den Geburtshelfern und Neonatologen in Sachsen eine stetige Zunahme von Neugeborenen, deren Mütter während der Schwangerschaft illegale Drogen konsumieren, große Sorgen. War vor 10 Jahren das Augenmerk noch auf die Opiate gerichtet, zeichnet sich nun eine beunruhigende Veränderung ab. Besorgniserregend ist die Zunahme von Neugeborenen in Sachsen, deren Mütter während der Schwangerschaft die Droge Crystal konsumieren. Allein im Jahr 2014 wurden im Rahmen der Datenerfassung der Sächsischen Neonatalerhebung 153 betroffene Neugeborene erfasst, die durch den Crystalkonsum der Mutter auffielen. Für das Jahr 2015 ist eine weitere Zunahme zu befürchten.

Material und Ergebnisse: Vor dem Hintergrund der ständigen und raschen Zunahme wurden im Zeitraum Januar 2007 – Juni 2015 die Krankenunterlagen von 118 Müttern und Neugeborenen, die intrauterin der Droge Crystal ausgesetzt waren, ausgewertet. Die Analyse ermöglicht erste Aussagen zu den unmittelbaren Folgen und Auswirkungen einer intrauterinen Exposition zu. Die Schwangerschaft wird häufig erst spät bemerkt und die Vorsorgeuntersuchungen werden von der Hälfte der Patientinnen erst spät, häufig unregelmäßig oder gar nicht in Anspruch genommen. Die Frühgeborenenrate ist im Vergleich zu der des Landes Sachsen deutlich erhöht, ebenso die Rate an untergewichtigen Neugeborenen und Neugeborenen mit zu kleinem Kopfumfang. Ein definiertes Abstinenzsyndrom, vergleichbar mit dem des Opiatentzuges, scheint bei den Neugeborenen nicht vorzuherrschen. Die beobachteten Symptome, welche die Neugeborenen aufweisen sind äußerst heterogen und unspezifisch.

Fazit: Crystal Meth ist aktuell die gefährlichste Substanz in der sächsischen Drogenszene. Eine Ausweitung auf das gesamte Bundesgebiet ist zu befürchten. Deshalb ist eine multiprofessionelle Versorgung von Familien mit Suchtbelastung zu fordern. Präventionsmaßnahmen sind dabei das wichtigste Mittel, um der aktuellen Entwicklung Einhalt zu gebieten.