Zeitschrift für Phytotherapie 2015; 36 - V27
DOI: 10.1055/s-0035-1565955

Haben Baldrianwurzel, Melissenblätter und Passionsblumenkraut einzeln und in Kombination eine anxiolytische Wirkung? Pharmakologische Daten

SN Okpanyi 1, H Abdel-Aziz 1, O Kelber 1
  • 1Wissenschaftliche Abteilung, Steigerwald Arzneimittelwerk GmbH, Darmstadt, Deutschland

Ein Gefühl der inneren Anspannung, Ruhelosigkeit und Reizbarkeit, mit Schwierigkeiten einzuschlafen, ist insbesondere bei Kindern und älteren Patienten verbreitet. Was ältere Patienten betrifft, werden die meisten klassischen Sedativa jedoch durch die Priscus-Liste als potenziell inadäquat bewertet. Anders sieht dies bei den pflanzlichen Arzneistoffen aus, die in dieser Indikation eingesetzt werden, wie Melissae folium (M), Passiflorae herba (P) and Valerianae radix (V), wobei man davon ausgeht, dass ihre primäre pharmakologische Wirkung anxiolytisch ist und nicht sedierend wie bei den Benzodiazepinen und Barbitursäurederivaten.

Um diese Annahme zu überprüfen, wurden wässrig-äthanolische Extrakte dieser drei Drogen sowie deren Kombination STW 32* (P 40%, V 20%, M 40% des Fluidextrakts) auf ihre Wirkung auf das Erkundungsverhalten (Vigilanz, Aufrichten und Bewegungsaktivität), ihre anxiolytische Wirkungen im Elevated Plus Maze (EPM) und im Social Interaction Test, und ihre antidepressive Wirkung im Tail Suspension Test getestet, je an NMRI-Mäusen. Die Extrakte wurden 60 – 70 min vor dem Test als wässrige Suspensionen mit 1% Methylcellulose oral mit der Schlundsonde verabreicht, in bis zu 4 Dosierungen zwischen 30 und 1040 mg/kg KG.

Im EPM-Test zeigten sich signifikante Wirkungen: Diazepam (1 mg/kg) erhöhte die Häufigkeit, mit der die offenen Arme des EPM betreten wurden und die Dauer der Aufenthalte dort (p ≤0,05). P, 176 und 352 mg/kg KG, war ebenfalls anxiolytisch wirksam, ebenso wie V, 1040 mg/kg KG (p ≤0,05). V erhöhte ebenfalls signifikant die Dauer der Aufenthalte dort. STW 32, 30 mg/kg KG, erhöhte signifikant die Häufigkeit, mit der die offenen Arme betreten wurden, sowie die Dauer der Aufenthalte. Dies gilt auch für die höheren Dosierungen 120 und 240 mg/kg KG. Im Social Interaction Test waren die niedrigsten signifikant wirksamen Dosierungen für P, M, V und ihre Kombination 88, 704, 520 und 30 mg/kg KG, wobei auch höhere Dosierungen signifikant wirksam waren (für die Kombination 60, 120 und 240 mg/kg KG).

Die Daten stützen die Annahme, dass die Wirksamkeit dieser 3 pflanzlichen Wirkstoffe und ihrer Kombination STW 32 bei Schlafstörungen auf einer anxiolytischen Wirkung beruht. Im Elevated Plus Maze Test und im Social Interaction Test waren die niedrigsten wirksamen Dosierungen der Kombination viel geringer als die der einzelnen Kombinationspartner, sodass eine synergistische Wirkung plausibel erscheint.

*Phytonoctu®, Steigerwald Arzneimittelwerk GmbH, Darmstadt