Zeitschrift für Phytotherapie 2015; 36 - V22
DOI: 10.1055/s-0035-1565950

Wie rein ist rein? Aktuelles zur Qualität pflanzlicher Arzneimittel unter besonderer Berücksichtigung der Problematik von Verunreinigungen

B Steinhoff 1
  • 1Bundesverband der Arzneimittel-Hersteller e.V. (BAH), Bonn, Deutschland

Pflanzliche Arzneimittel müssen grundsätzlich dieselben Qualitätsanforderungen erfüllen wie alle anderen Arzneimittel auch. So enthält das Europäische Arzneibuch (Ph.Eur.) auch für pflanzliche Ausgangsstoffe und Zubereitungen die grundlegenden Regeln für die Qualität sowie die Methoden zur entsprechenden Prüfung. Daneben gibt es zahlreiche Empfehlungen in den einschlägigen Leitlinien, z.B. des Herbal Medicinal Products Committee (HMPC). Neben solchen allgemeinen Kriterien werden an pflanzliche Ausgangsstoffe und Produkte aufgrund ihres speziellen Charakters als Naturstoffe zusätzliche Reinheitsanforderungen gestellt. Zu diesen „besonderen Verunreinigungen“ werden u.a. Pflanzenschutzmittelrückstände, Schwermetalle, Mykotoxine und mikrobiologische Kontaminationen gezählt.

Zur Prüfung auf etwaige Pflanzenschutzmittelrückstände enthält Kapitel 2.8.13 der Ph.Eur. 70 Listenpositionen von Stoffen, die für pflanzliche Ausgangsmaterialien relevant sein können. Darüber hinaus kann in Verdachtsfällen die Verordnung Nr. 396/2005 aus dem Lebensmittelbereich zur Beurteilung herangezogen werden. Schwermetallgrenzwerte für Blei, Cadmium und Quecksilber sind in der allgemeinen Ph.Eur.-Monografie „Herbal drugs“ geregelt. Einige Individualmonografien enthalten davon abweichende Grenzwerte, da bestimmte Pflanzen Cadmium z.B. aus dem Boden akkumulieren können. Für Mykotoxine (z.B. Aflatoxine) ist das Ph.Eur.-Kapitel 2.8.18 anzuwenden, welches eine Bestimmungsmethode und Grenzwerte enthält. Zur Bewertung der mikrobiologischen Qualität pflanzlicher Arzneimittel und die darin verwendeten Extrakte enthält das Ph.Eur.-Kapitel 5.1.8 drei Kategorien, die Akzeptanzkriterien für Zubereitungen in Abhängigkeit von einer keimreduzierenden Vorbehandlung beschreiben.

In letzter Zeit sind zusätzlich zu den bereits in den genannten Regelwerken behandelten Kontaminationen auch mögliche Verunreinigungen pflanzlicher Materialien durch Pyrrolizidinalkaloid-haltige Unkräuter in die Diskussion geraten, nachdem im Juli 2013 das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) in einer Publikation erhöhte PA-Gehalte in Kräutertees und Tees beschrieben hatte. Seitens der Arzneimittelhersteller sind daraufhin eigenverantwortliche Maßnahmen ergriffen und Gespräche mit den Behörden geführt worden. So werden u.a. zum Monitoring der Belastungssituation umfangreiche Daten gesammelt und ausgewertet, ebenso ist als pragmatische Handlungsanweisung für die Arzneipflanzen anbauende und verarbeitende Industrie ein „Code of Practice“ erstellt worden. Ferner werden Forschungsprojekte zur Möglichkeit des Eintrags von PA-haltigen Unkrautarten in Arznei- und Gewürzpflanzenbestände durchgeführt, auf Basis derer Maßnahmen im Rahmen eines Unkrautmanagements sowie PA-Vermeidungsstrategien erarbeitet werden können.