Gesundheitswesen 2015; 77 - A293
DOI: 10.1055/s-0035-1563249

Grenzüberschreitungen und Gewalt in den ersten Liebesbeziehungen von Jugendlichen

P Brzank 1, B Blättner 2
  • 1TU Berlin, Berlin
  • 2Hochschule Fulda, Fachbereich Pflege & Gesundheit, Fulda

Hintergrund: Ausmaß und Folgen von Teen Dating Violence (TDV) als Form von Intimer Partnergewalt (IPG) zwischen Jugendlichen kann sich langfristig gravierend auf das spätere Erwachsenenleben der Betroffenen auswirken. Methode: Eine standardisierte anonyme Querschnittstudie zur Ermittlung von Prävalenz, Auswirkungen auf Wohlbefinden, Gesundheit und schulische Leistungen, Risikofaktoren und Untertürzungsmöglichkeiten wurde an hessischen Schulen in 2012 – 2013 durchgeführt. 462 Schüler_innen zwischen 14 bis 18 Jahren wurden anonym schriftlich befragt. Ergebnis: 354 (77%) Jugendliche berichteten von ersten Erfahrungen mit Dates und Beziehungen (persons at risk). Prävalenzen wurden mit einem Gewichtungsfaktor geschätzt. 66% der weiblichen [95% KI 58,8 – 72,6] and 60% der männlichen [95% CI 52,8 – 67,4] Risikopersonen berichteten von mindestens einem TDV-Vorfall. Kontrollverhalten, verbale Aggressionen, Zwang und Drohungen operationalisiert als emotionale Gewalt wurden am häufigsten berichtet (61% der Mädchen vs. 57% der Jungen). Physische Gewalt wurde gleichhäufig von beiden Geschlechtern genannt (10%), mehrheitlich waren es leichtere Gewalthandlungen.. Sexuelle Gewalterfahrung wurde von den Mädchen häufiger (26%) berichtet als von den Jungs (13%) unter Risiko. Unterschiede zwischen den Geschlechtern zeigten sich in den größeren Überschneidungen der 3 erfragten Gewaltformen und den häufiger berichteten negativen Auswirkungen bei den Schülerinnen. Im Vergleich zeichneten sich die von TDV-Betroffenen durch niedrigere Werte bei den Fragen zur Lebesnqualität aus als nicht betroffene Schüler_innen. Fazit: die Studienergebnisse zeigen, dass TDV auch in Deutschland ein ernstes Public Health-Problem ist. Prävalenz, Folgen und Risikofaktoren sind mit den Ergebnissen anderer europäischer Studien vergleichbar. Weibliche und männliche Jugendliche sind gleichermaßen betroffen. Es zeigen sich Hinweise für eine schwerere Betroffenheit unter den Schülerinnen. Zur Klärung der Geschlechtsspezifik und genaueren Schätzung der Prävalenz und der Folgen sind weitere Studien nötig.