Gesundheitswesen 2015; 77 - A258
DOI: 10.1055/s-0035-1563214

Empowerment für gesunde Ernährung: Welche Gruppenaktivitäten entwickeln Senioren und Eltern in bayerischen Gemeinden? – Ergebnisse aus GENIESSER Oberpfalz

V Lindacher 1, S Brandstetter 1, J Curbach 1, J Rüter 1, B Warrelmann 1, J Loss 1
  • 1Medizinische Soziologie, Institut für Epidemiologie und Präventivmedizin, Universität Regensburg, Regensburg

Hintergrund: Empowerment soll Individuen befähigen, ihr gesundheitsbezogenes Verhalten und Lebensumfeld aktiv und eigenverantwortlich zu verändern. Der Ansatz ist in der Gesundheitsförderung bewährt, zum Thema Ernährung liegen kaum Erfahrungen vor. Im Rahmen von GENIESSER Oberpfalz wurden in 5 Gemeinden Senioren- und Elterngruppen gegründet und vom Forscherteam moderiert. Die Teilnehmer konnten in regelmäßigen Treffen eigene bedürfnisgerechte Aktivitäten zu gesunder Ernährung entwickeln und realisieren. Ziel dieser Analyse ist, die resultierenden Aktivitäten nach verschiedenen Merkmalen zu kategorisieren. Methodik: Alle Treffen von 5 Senioren- und 2 Elterngruppen wurden mittels semistrukturierter Beobachtungsprotokolle dokumentiert. Diese Beobachtungsprotokolle werden von zwei Forschern angefertigt und bestehen aus detaillierten Notizen sowie theoretischen Reflexionen. Insgesamt 112 Protokolle (12 – 27/Gruppe) sowie weitere Dokumente (z.B. Korrespondenzen) wurden mittels qualitativer Inhaltsanalyse hinsichtlich der entwickelten Aktivitäten evaluiert. Die Kategorienbildung erfolgte induktiv. Ergebnisse: Insgesamt wurden 11 Aktivitäten (1 – 3/Gruppe) entwickelt und umgesetzt. Die selbstgewählten Aktivitäten unterscheiden sich hinsichtlich ernährungsbezogenem Wirkungsbereich, Reichweite und thematischer Ausrichtung. Einige Aktivitäten zielten auf den Aufbau von Ernährungswissen innerhalb der Gruppe ab, z.B. die Organisation eines Kochtreffs. Andere waren auf die Verhältnisebene bzw. Mitbürger ausgerichtet z.B. der Betrieb eines Info-Standes zu gesunden und regionalen Nahrungsmitteln auf einem Gemeindefest. Bezüglich Empowerment zeigen die Aktivitäten verschiedene Ausprägungen hinsichtlich Verantwortungsübernahme durch die Teilnehmer, Ressourcenmobilisierung, Vernetzung mit anderen Akteuren und Nachhaltigkeit. Beispiele hierfür sind Planungen für einen Gemeindegarten oder die Optimierung der Mittagsverpflegung an Schulen, indem Qualitätsstandards festgelegt und bei einem Caterer implementiert wurden. Diese Aktivitäten zeigten sich ressourcenintensiver und verlangten die Vernetzung mit weiteren Akteuren u.a. mit der Gemeindeverwaltung oder Geldgebern. Die Teilnehmer erwiesen sich als Experten für Strukturen und Bedürfnisse der Gemeinde, die Verantwortung für die Aktivitäten verblieb jedoch v.a. beim Forscherteam. Diskussion: Den realisierten Aktivitäten ist gemein, überwiegend für Mitbürger und verhältnisbezogen zu sein. Überraschend ist die Heterogenität bezüglich der inhaltlichen und organisatorischen Ausrichtung. Empowerment kann in der gemeindenahen Gesundheitsförderung helfen, Aktivitäten zu unterschiedlichen Ernährungsbedürfnissen anzustoßen.

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