Gesundheitswesen 2015; 77 - A221
DOI: 10.1055/s-0035-1563177

Einführung in eine geschlechtersensible Medizin mit der Geschlechterbrille – ein deutschsprachiges Instrument für den Einsatz in der medizinsoziologischen Lehre

M Engels 1, A Vervoorts 2, S Weyers 1
  • 1Institut für Medizinische Soziologie, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Düsseldorf
  • 2Gleichstellungsbeauftragte der Medizinischen Fakultät, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Düsseldorf

Hintergrund: Ein Lehrziel der Medizinischen Soziologie ist die Vermittlung einer geschlechtersensiblen Betrachtung von Gesundheit und Krankheit. Im Rahmen des Curriculumentwicklungsprojektes „Männer, Frauen und Medizin“ wurde eine fächerübergreifende Themenabfrage durchgeführt. Diese ergab, dass in vielen klinischen Fächern geschlechtersensible Inhalte vermittelt werden. Eine Gegenabfrage zeigte jedoch, dass Studierende diese nicht bewusst lernen. Aufgabe der Medizinsoziologie sollte sein, Studierende in den frühen Semestern gezielt für diese Inhalte zu sensibilisieren. Im folgenden Beitrag wird ein neues Konzept für eine entsprechende Lehreinheit im dritten Semester vorgestellt. Methode: Im Mittelpunkt der Veranstaltung steht eine Gruppenarbeit mit einem neu entwickelten Instrument zur geschlechtersensiblen Betrachtung. Die „Geschlechterbrille“ bietet eine Struktur, mit der Studierende in Bezug auf eine Erkrankung Geschlechterunterschiede in Häufigkeit, Diagnose, Verlauf, Therapie und Prävention analysieren können. Sie ermöglicht weiterhin eine differenzierte Recherche zu potentiellen Ursachen mit biologischem, psychosozialem, bildungsbezogenem, kulturellem, materiellem und politischem Hintergrund. Das Instrument wurde im Vorfeld von Studierenden im Rahmen eines Gruppeninterviews getestet und evaluiert. Ergebnisse und Diskussion: Mithilfe der „Geschlechterbrille“ sollen Studierende für Geschlechtermedizin sensibilisiert werden und lernen, entsprechendes Faktenwissen besser einzuordnen. Die erste Evaluation ergab, dass die Studierenden das Instrument positiv bewerten, da es zum eigenständigen Lernen und Diskutieren anrege. Die Medizinische Soziologie kann für eine solche frühe Unterrichtseinheit einen Rahmen bilden und den Studierenden helfen, in klinischen Semestern vermitteltes Fachwissen besser einzuordnen.