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DOI: 10.1055/s-0035-1563081
Koordination und Kontinuität in der akut stationären Versorgung älterer Patienten – eine qualitative, multiperspektivische Analyse
Hintergrund: Patientenorientierung sollte eine zentrale Perspektive der gesundheitlichen Versorgung sein. Dennoch mehren sich die Anzeichen, dass dies besonders bei älteren Patienten eher Utopie denn Realität ist. Patienten berichten über unzureichendes Schnittstellenmanagement, Professionelle über ökonomische Zwänge. Wie sich Patientenversorgung in der Akutversorgung beschreiben lässt, ist Gegenstand dieser Studie. Methode: Einbezogen sind 6 hessische Kliniken mit internistischer Fachabteilung. 18 Patienten (70+ Jahre, unspezifischer Einweisungsgrund, Männer und Frauen) und deren Angehörige werden rekrutiert. An 2 Tagen wird eine teilnehmende Beobachtung auf Basis eines Beobachtungsprotokolls mit begleitenden Stegreifinterviews durchgeführt. Eine Woche nach Entlassung werden die Patienten und ihre Angehörigen interviewt. Die Dokumentationsprotokolle und Interviews werden inhaltsanalytisch nach Mayring ausgewertet, beide Ergebnisse abschließend aufeinander bezogen. Ergebnisse: Daten von 5 Beobachtungspatienten liegen vor, die Rekrutierung weiterer Kliniken läuft. Beobachtungsprotokolle: Zwischen Personal und Patienten finden nur wenige und kurze Kontakte statt, der Tagesablauf ist oft nicht transparent. Bei geplanten Untersuchungen kommt es zu Verschiebungen, ohne dass Patienten davon in Kenntnis gesetzt werden. Entlassungen finden zum Teil unangekündigt statt. Ärzte geben meist unkonkrete Informationen zur Weiterbehandlung. Angehörige und Patienten müssen sich eigenständig um das weitere Vorgehen kümmern. Interviews: Die Patienten bestätigen diese Beobachtungen. Sie wünschen sich häufigere Kontakte mit Ärzten/Pflegekräften und personelle Kontinuität. Die Koordination der Untersuchungen wird teilweise als „eigentlich nicht schlecht“ bewertet, andere Patienten berichten, dass Untersuchungen erst auf mehrmaliges Nachfragen stattfanden. Verbesserungsbedarf wird insbesondere beim Entlassungsmanagement gesehen: „Haben mich halt entlassen und fertig.“ Teilweise wird auch berichtet, dass die Entlassung gegen den Wunsch des Patienten erfolgt. Anders als beobachtet, berichten die Patienten selbst, dass sie gut über die Weiterbehandlung zu Hause informiert wurden. Diskussion: Die ersten Ergebnisse zeigen, dass Patientenorientierung in der stationären Versorgung nicht im Vordergrund steht. Sowohl in der Beobachtung als auch in den Interviews wird mangelnde Koordination und Kontinuität deutlich, teilweise gehen die Wahrnehmung der Patienten und die Beobachtung auseinander.