Gesundheitswesen 2015; 77 - A124
DOI: 10.1055/s-0035-1563080

Fremde Lebenswelt Pflegeheim – Der Einfluss „externer“ Faktoren auf die subjektive Lebensqualität der Pflegeheimbewohner/innen in Bayern

PT Sonntag 1, R Meyer 2, D Drewniak 3, L Schenk 4
  • 1Charité – Universitätsmedizin Berlin, Institut für Medizinische Soziologie und Rehabilitationswissenschaften, Berlin
  • 2Gesundheit Berlin Brandenburg e.V., Berlin
  • 3Institut für Biomedizinische Ethik und Medizingeschichte, Universität Zürich, Zürich
  • 4Charité-Universitätsmedizin Berlin, Institut für Medizinische Soziologie, Berlin

Hintergrund: Das Pflegeheim entwickelt sich zu einem zentralen Ort der letzten Lebensphase. Trotz dieser Entwicklung ist wenig darüber bekannt, wie Bewohner/innen ihre Lebensqualität im Heimalltag erleben und bewerten. In einem mehrstufigen Verfahren wurde – gefördert durch den Paritäter Berlin und das Bayerische Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen – ein Befragungsinstrument zur Messung von subjektiver Lebensqualität in der stationären Pflege (QUISTA) entwickelt und validiert. Ziel des folgenden Beitrags ist es, Faktoren zu ermitteln, die gemessene Unterschiede in der subjektiven Lebensqualität von Heimbewohner/innen beeinflussen. Methoden/Daten Datenbasis bildet eine repräsentative Stichprobe von 483 persönlich und standardisiert befragten Bewohner/innen aus 28 stationären Pflegeeinrichtungen in Bayern, die als disproportional geschichtete Zufallsauswahl realisiert wurde. Zur Identifizierung der Einflussfaktoren wurden die Daten mithilfe einer linearen OLS-Regression modelliert. Als abhängige Variable geht ein Lebensqualitäts-Gesamtwert in die Analyse ein. Aufgrund der hierarchischen Struktur der Daten wird in der Modellbildung zwischen Individual- und Kontextebene unterschieden. Ergebnisse: Zu den signifikanten Modellgrößen auf Individualebene (Modell 1) zählen die Selbstbestimmung über den Heimeinzug, der Glaube und die Heimaufenthaltsdauer. Der Einbezug der Kontext-Variablen Größe eines Heimes und die geographische Lage (Modell 2) liefern gleichfalls signifikante Ergebnisse. Entgegen der hypostasierten Richtung weisen dabei Pflegeheimbewohner/innen in ländlichen Regionen einen um 3,7 niedrigeren Gesamtwertpunktwert als städtische Bewohner/innen auf. Den stärksten Effekt auf die subjektiv wahrgenommene Lebensqualität hat in beiden Modellen die Selbstbestimmung über den Heimeintritt. Der selbstbestimmte Heimeintritt führt zu einem um 5 Punkte höheren Lebensqualitäts-Gesamtwert als ein unfreiwilliger Heimeinzug. Diskussion: Der positive Effekt auf die Lebensqualität durch einen selbstbestimmten Heimeinzug steht im Einklang mit einer Vielzahl weiterer Studien. Für die Praxis bedeutet das, Personen frühzeitig an wohnräumliche Planungsprozesse für die Lebensphase Alter zu beteiligen. Bislang vernachlässigt wurde in Analysen der Einfluss von Kontextmerkmalen wie Größe und geographische Lage, um bspw. Stadt-Land-Unterschiede zu Tage zu fördern und somit auch reduzieren zu können.

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