Gesundheitswesen 2015; 77 - A43
DOI: 10.1055/s-0035-1562999

Inzidenz und Behandlung der chronischen myeloischen Leukämie in Europa – Unterschiede zwischen Ländern, Geschlechtern und Altersgruppen

V Hoffmann 1, J Hasford 2
  • 1Ludwig-Maximilians-Universität München
  • 2Institut für Medizinische Informationsverarbeitung, Biometrie und Epidemiologie, Ludwig-Maximilians Universität München, München

Hintergrund: Chronische myeloische Leukämie (CML) ist eine seltene hämatologische Erkrankung, die gut behandelbar, aber unheilbar ist. Die meisten Informationen über Patientencharakteristika, Therapie und Therapieerfolg stammen aus kontrollierten klinischen Studien. Um zu untersuchen, ob die Behandlung von Patienten außerhalb von Studien ähnlich erfolgreich verläuft und ob Studienteilnehmer die Population der CML Patienten repräsentieren, rief das European LeukemiaNet mit Unterstützung von Novartis die European Treatment and Outcome Study ins Leben. Methodik: Das europäische populationsbezogene CML-Register hat von 2008 bis 2012 in 20 ganzen Ländern oder festgelegten Teilregionen alle neu mit CML diagnostizierten Erwachsenen registriert. Zur Berechnung standardisierter Inzidenzen wurde die Alte Europäische Standardbevölkerung verwendet. Ergebnisse 2904 Erwachsene wurden auf einem Gebiet mit 92,5 Millionen Einwohnern registriert. Die europaweite rohe/standardisierte Inzidenz liegt bei 0,99/0,96 pro 100.000 Einwohner pro Jahr (0,88/0,82 bei Frauen, 1,12/1,10 bei Männern). Das prognostische Profil der Patienten unterschied sich nur geringfügig von publizierten Studien. In 15 Ländern wurden auch Therapiedaten dokumentiert. 80% der Patienten erhielten als Erstlinientherapie Imatinib, 17% erhielten Tyrosinkinase-Inhibitoren (TKIs) der zweiten Generation (jeweils 55% im Rahmen klinischer Studien). Die erheblich weniger wirksame Therapie mit Hydroxyurea wurde nur für drei Prozent der Patienten dokumentiert, 60% von ihnen waren über 70 Jahre alt. Die Verteilung der Erstlinientherapien zwischen den Geschlechtern unterschied sich nicht. Diskussion: Die Inzidenz von 0,96 bestätigt frühere kleinere Erhebungen und die Werte des etablierten Registers in Schweden (0,97). Erstmals liegen damit Inzidenzschätzungen für 20 Länder in Europa vor. Die nur geringfügigen Unterschiede im Prognoseprofil erlauben es die Ergebnisse publizierter Studien weitgehend auch auf die Grundgesamtheit der CML-Patienten zu übertragen. Unabhängig vom Land werden die meisten Patienten mit TKIs behandelt. Lediglich in Lettland und Serbien wurden für über 20% der Patienten Hydroxyurea dokumentiert. Die hohen Anteile von Zweitgenerations-TKIs in Spanien, Frankreich und den Niederlanden (> 30%) können hohe zurückgeführt werden.