Gesundheitswesen 2015; 77 - A39
DOI: 10.1055/s-0035-1562995

Ableitung gesundheitsbasierter Beurteilungswerte für Bioaerosole

D Gerstner 1, S Walser 1, B Brenner 1, J Bünger 2, T Eikmann 3, S Kolb 1, A Kolk 4, D Nowak 5, M Raulf 2, H Sagunski 6, N Sedlmaier 7, R Suchenwirth 8, G Wiesmüller 9, KM Wollin 8, I Tesseraux 10, C Herr 1
  • 1Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, München
  • 2Institut für Prävention und Arbeitsmedizin der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung, Institut der Ruhr-Universität Bochum (IPA)
  • 3Institut für Hygiene und Umweltmedizin der Justus-Liebig-Universität Gießen
  • 4Institut für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (IFA)
  • 5Institut und Poliklinik für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Klinikum der LMU München, München
  • 6Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz der Freien und Hansestadt Hamburg
  • 7Bayerisches Landesamt für Umwelt
  • 8Niedersächsisches Landesgesundheitsamt Hannover
  • 9Gesundheitsamt Köln Abteilung Infektions- und Umwelthygiene
  • 10LUBW Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg

Hintergrund: Umweltmedizinische Studien belegen, dass es im Einflussbereich von bioaerosolemittierenden Anlagen zu gesundheitlichen Wirkungen wie Allergien oder Infektionen kommen kann. Dennoch sind für Bioaerosole im Außenluftbereich weder Dosis-Wirkungs-Beziehungen bekannt noch existieren Grenzwerte. Zielsetzung: Im Projekt GABi (Gesundheitsbasierte Ableitungswerte Bioaerosole) sollten deshalb aus den Ergebnissen von wissenschaftlichen Studien zusammen mit einem Expertennetzwerk gesundheitsbezogene Beurteilungswerte für Bioaerosole abgeleitet werden. Mangels genügend geeigneter umweltepidemiologischer Studien sollte wie in der Toxikologie üblich auch auf Arbeitsplatz- und Innenraumstudien zurückgegriffen werden. Methoden: Eine systematische Literatursuche in Medline (PubMed) wurde durchgeführt und Studien einbezogen, die Zusammenhänge zwischen Exposition (Luftmessungen) und Wirkung (Gesundheitseffekte) untersuchten. Zusätzlich wurden Literaturempfehlungen der Experten berücksichtigt. Die Ableitung sollte nach toxikologischen, infektiologischen und allergologischen Kriterien durch die Experten erfolgen. Ergebnisse: Die Literatursuche erbrachte zusammen mit den Literaturempfehlungen n = 1565 Studien. Das anschließende Abstract-Screening mit definierten Ausschlusskriterien führte zu einer Eingrenzung auf n = 44 Studien. Ein standardisiertes Extraktionssheet wurde erstellt, mit dessen Hilfe eine Zusammenstellung und Zuordnung der gesundheitlichen Wirkungen zu den Expositionsdaten verschiedener Bioaerosole erfolgte. Nach dem Volltextscreening und der Extraktion gemäß der definierten Ausschlusskriterien wurden n = 20 Studien ausgewählt, die fast ausschließlich aus der Arbeitsmedizin stammten und vor allem die Bereiche Landwirtschaft, Abfallwirtschaft und Holzverarbeitung umfassten. In Expertentreffen wurden die Studien hinsichtlich ihrer Datenqualität und Eignung als Schlüsselstudie geprüft. Vor allem das Fehlen geeigneter Umweltstudien und belastbarer Expositionsdaten wurden kritisiert. Als Fazit der Expertentreffen wurde festgestellt, dass keine der bisher veröffentlichten Humanstudien die Kriterien für eine Ableitung gesundheitsbezogener Beurteilungswerte erfüllt und geeignete Dosis-Wirkungs-Beziehungen enthält. Allerdings konnten potentielle Leitparameter und Expositionskonzentrationen für die verschiedenen Arbeitsbereiche identifiziert werden. Schlussfolgerungen: Weitere Forschungsarbeiten zur Etablierung gesundheitsbezogener Beurteilungswerte sind erforderlich. In einem Folgeprojekt ist die Analyse von tierexperimentellen Studien zur Ableitung von allgemeinen Grenzwerten geplant. LGL-ÖGD