Gesundheitswesen 2015; 77 - A16
DOI: 10.1055/s-0035-1562972

Entwicklung und Evaluation einer computergestützten Beratung für Patienten mit gesundheitsriskantem Alkoholkonsum und depressiven Symptomen

C Meyer 1, D Gürtler 2, K Krause 1, J Freyer-Adam 2, S Ulbricht 1, G Bischof 3, HJ Rumpf 3, A Batra 4, A Stiegler 4, JF Chenot 5, HJ Grabe 6, U John 1
  • 1Universitätsmedizin Greifswald, Institut für Sozialmedizin und Prävention, Greifswald
  • 2Universitätsmedizin Greifswald, Institut für Sozialmedizin und Prävention
  • 3Universität Lübeck, Forschungsgruppe S:TEP, ZIP – Zentrum für Integrative Psychiatrie
  • 4Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Tübingen
  • 5Universitätsmedizin Greifswald, Institut für Community Medicine, Abteilung Allgemeinmedizin
  • 6Universitätsmedizin Greifswald, Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie

Hintergrund: Es ist belegt, dass Ärzte in der primärmedizinischen Versorgung ihre Patienten durch Kurzberatungen bei der Reduktion des gesundheitsriskanten Alkoholkonsums effektiv unterstützen können. Erfahrungen aus dem Versorgungsalltag zeigen aber auch, dass die Umsetzung der Beratungen in der Routine zu wenig gelingt. Arztentlastende computergestützte Expertensysteme stellen einen Ansatz dar, der eine breitere Verfügbarkeit von individualisierter Gesundheitsberatung bei geringen Kosten ermöglichen könnte. Eine Beschränkung bisheriger Expertensysteme liegt in der mangelnden Berücksichtigung der Koinzidenz von gesundheitsriskanten Verhaltensweisen und psychischen Problemen. Vorbefunde zeigen, dass Patienten mit depressiven Symptomen bezüglich des Alkoholkonsums zwar ein erhöhtes Problembewusstsein haben, zugleich aber besondere Unterstützung bei der Entscheidung für eine Verhaltensänderung und deren Umsetzung benötigen. Im Beitrag wird das Design eines vom BMBF geförderten Projektes zur Interventionsentwicklung vorgestellt. Methodik: Die Arbeiten werden durch die Nutzung des Intervention Mapping Approaches strukturiert. Dabei erfolgt die Optimierung der Intervention unter Einbeziehung der Zielgruppe. Hierzu werden konsekutive Patienten aus hausärztlichen Praxen und Allgemeinkrankenhäusern durch ein proaktives, systematisches Screening in drei Studienzentren rekrutiert. Eine initiale Intervention wird zunächst durch 40 Patienten erprobt und über Nutzungsdaten sowie Fokusgruppen evaluiert. Als Grundlage für eine zukünftige klinische Wirksamkeitsprüfung sollen in einem abschließenden randomisierten Proof of Concept Trial die Praktikabilität, Akzeptanz und initiale Effekte der Intervention sowie die Studienlogistik bei 120 Teilnehmern untersucht werden. Durch mehrfache Interaktionen mit den Patienten über einen Zeitraum von sechs Monaten werden individuell relevante Beratungsinhalte auf Grundlage psychologischer Modelle der Verhaltensänderung bestimmt. Dabei umfasst die Rückmeldung normatives und ipsatives Feedback zum Trinkverhalten sowie zur Nutzung depressionspräventiver Strategien (Kontrolle negativen Denkens, Förderung angenehmer gesundheitsförderlicher Aktivitäten, Stressmanagement, Bewegungsmehrung, Suchen sozialer Unterstützung). Die Kommunikation mit den Patienten erfolgt flexibel via Telefon, SMS, online oder postalisch. Diskussion: Das Projekt lässt eine evidenzbasierte Interventionsentwicklung erwarten. Die Berücksichtigung unselegierter Patientenstichproben bereits in der Entwicklungsphase erlaubt die frühzeitige Abschätzung von Chancen der Translation in die Versorgung.