Gesundheitswesen 2015; 77 - A7
DOI: 10.1055/s-0035-1562963

Akzeptanz einer persönlichen einrichtungsübergreifenden elektrischen Patientenakte bei Patienten mit chronischen Erkrankungen

H Schwendemann 1, EM Bitzer 1, U Bittligmayer 1
  • 1Pädagogische Hochschule Freiburg, Freiburg

Hintergrund: Bei einer persönlichen einrichtungsübergreifenden elektrischen Patientenakte (PEPA) können Patienten steuern, welche Gesundheitsinformationen gespeichert werden und wer zugreifen kann. Eine PEPA könnte ein leistungsfähiges Werkzeug zur Verbesserung von Patientenautonomie sein. Wir untersuchen den Zusammenhang zwischen der allgemeinen Haltung gegenüber einer PEPA und der Bereitschaft medizinischen Leistungserbringern Zugang zu gewähren. Methode: Durchgeführt wurden zwei schriftliche Befragungen (A: 4/2012 und B: 12/2014 – 3/2015) bei erwachsenen, chronisch kranken (A) Versicherten des Gesamtversicherungsbestands einer großen deutschen Krankenkasse (n = 750) und (B) Patienten in der hausärztliche Versorgung (n = 500). Erfasst wurden unter anderem sozioökonomische Daten, die Haltung gegenüber der PEPA und die Bereitschaft Zugang zu gewähren. Eingesetzt wurden Items und Skalen aus validierten, deutschen Befragungen, durchgeführt haben wir deskriptive und multivariate Analysen. Ergebnisse: Der Rücklauf der Versichertenbefragung betrug 24,5% (n = 184), der der Praxisbefragung 69,6% (n = 348). Der Frauenanteil beider Stichproben beträgt 45%, die Teilnehmer der Praxisbefragung sind etwa 10 Jahre älter (M = 63,4 vs. M = 54,8; p = 0,00), haben häufiger einen Migrationshintergrund (14,6% vs. 7,8%, p = 0,03) und fühlen sich gesünder (Exzellent/sehr gut 13,5% vs. 7,4%, p = 0,00). Die Gesamtstichprobe ist positiv gegenüber der PEPA eingestellt: 39,4% hätten definitiv gerne eine PEPA, 39,0% erwägen es und 13,7% möchten keine. Der von fast allen Befragten wahrgenommene Nutzen liegt bei besser informierten Behandlern (91,2%), die persönliche Verfügbarkeit von Informationen ist für deutlich weniger Patienten relevant (66,2%). Die Hälfte befürchtet, dass ohne ihr Wissen Informationen verwendet (51,6%) oder an Dritte weitergegeben werden (53,3%). Uneingeschränkten Zugriff würde fast jeder seinem Hausarzt gewähren (91,1%), zwei Drittel einem Spezialisten und dem Krankenhaus (63,3%/65,3%), Apothekern und anderen Gesundheitsfachberufen nur 10,0%. In der multivariaten Betrachtung der Gesamtstichprobe reduziert der Migrationshintergrund die Bereitschaft anderen Gesundheitsfachberufen Zugang zur PEPA zu gewähren (OR = 0,4; 95% Konfidenzintervall 0,19 – 0,98). Diskussion: Die Gesamtstichprobe ist positiv gegenüber einer PEPA eingestellt, weniger überzeugt von einem persönlichen Nutzen und skeptisch anderen Gesundheitsfachberufen Zugriff zu gewähren.