Z Gastroenterol 2015; 53 - KC001
DOI: 10.1055/s-0035-1559392

Praktische Probleme beim perioperativen Bridging der oralen Antikoagulation in der Viszeralchirurgie – Risiken und Nebenwirkungen retrospektiv analysiert

P Borst 1, L Ungeheuer 1, R Wildenauer 1, C Germer 1, J Lock 1
  • 1Universitätsklinikum Würzburg, Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie, Gefäß- und Kinderchirurgie, Würzburg, Deutschland

Einleitung: Die Zahl von Patienten mit oraler Antikoagulation vor elektiven Operationen steigt kontinuierlich. Meist erfolgt eine perioperative Umstellung auf niedermolekulares Heparin, das sog. Bridging. Bisher gibt es keine einheitliche Leitlinie, es ist aber erwiesen, dass Bridging das Risiko einer Nachblutung erhöht. Ziel der Studie war es, das Blutungsrisiko durch Bridging bei viszeralchirurgischen Eingriffen zu untersuchen.

Material und Methoden: Retrospektive, monozentrische Studie. Die Patientenselektion erfolgte aus dem Krankenhausinformationssystem 2011 – 2014. Einschlusskriterien: orale Antikoagulation, Patientenakte verfügbar. Ausschlusskriterien: Notfalleingriffe, bariatrische Eingriffe, Gefäßoperationen. Erfasst wurden Komorbiditäten, die perioperative Dosierung und Pausierung des Bridgings, sowie postoperative Komplikationen. Die statistische Auswertung erfolgte mittels IBM SPSS Statistics 22.

Ergebnisse: 267 Patienten wurden vollständig ausgewertet, wobei in 59 Fällen Nachblutungen auftraten (22,1%; 32 subkutane Hämatome, 15 tiefe Hämatome, 5 Drainagenblutungen, 3 peranale Blutungen, 4 Sonstige), in 50 Fällen erfolgten Transfusionen (19%), in 40 Fällen Revisionsoperationen (15%). Das Risiko für Nachblutungen war erhöht beim Bridging in therapeutischer Dosierung (2 × 1 mg/kg Enoxaparin; n = 52/192, 27%), im Vergleich zu halbtherapeutischer (1 × 2 mg/kg; n = 3/26, 11%) und prophylaktischer Dosierung (1 × 40 mg; n = 4/49, 8%; P = 0,007). Thromboembolische Ereignisse traten bei 2 Patienten auf (0,7%; Apoplex, Lungenembolie). Eine falsche Risikobewertung führte bei 35 Patienten (13%) zu einem nicht indizierten therapeutisches Bridging, wobei 8 Nachblutungen auftraten. Darüber hinaus war die perioperative Pausierung des Bridging bei der Mehrzahl der Fälle zu kurz. Die Dauer der postoperativen Pausierung korrelierte mit dem Blutungsrisiko (P = 0,041).

Schlussfolgerungen: Patienten mit Bridging in therapeutischer Dosierung unterliegen einem hohen Nachblutungsrisiko. In der Praxis wird die Indikation zum Bridging oftmals nicht ausreichend differenziert und die perioperative Pausierung nicht eingehalten. Daher ist eine standardisierte Planung des individuellen Bridgings inkl. Risikobewertung, Festlegung der Dosierung und perioperativen Pause erforderlich.