Z Gastroenterol 2015; 53 - KG172
DOI: 10.1055/s-0035-1559198

Differenzierte Charakterisierung des Gerinnungstatus bei Patienten mit Leberzirrhose

M Tischendorf 1, W Miesbach 2, S Zeuzem 3, C Lange 3
  • 1Universitätsklinikum Frankfurt, Medizinische Klinik 1, Frankfurt, Deutschland
  • 2Universitätsklinikum Frankfurt, Medizinische Klinik 3, Abteilung, Frankfurt, Deutschland
  • 3Universitätsklinikum Frankfurt, Medizinische Klinik 1, Abteilung, Frankfurt, Deutschland

Einleitung: Aufgrund einer Dysbalance von pro- und antikoagulatorischen Faktoren besteht bei fortgeschrittener Leberzirrhose erhöhtes Blutungs- und Thrombembolierisiko. Strategien zur Prävention und Therapie thrombembolischer Komplikationen bei Leberzirrhose sind derzeit unbefriedigend. In der vorliegenden Studie charakterisieren wir den Gerinnungsstatus bei Patienten mit Leberzirrhose mit dem Ziel der Identifizierung neuer therapeutischer Targets im Management thrombembolischer Komplikationen.

Material und Methoden: Bei Patienten mit Leberzirrhose, die wegen hepatischer Komplikationen stationär aufgenommen wurden, erfolgte eine Quantifizierung der Gerinnungsfaktoren V, VIII, XI und XII sowie Protein C, Protein S und Antithrombin III. Es erfolgt eine noch andauernde prospektive Beobachtung der Patienten im Hinblick auf Blutungskomplikationen und thrombembolische Komplikationen.

Ergebnisse: Aktuell liegen Daten von 53 Patienten mit Leberzirrhose vor, deren mittlerer MELD-Score 18 Punkte beträgt. Die mittlere INR betrug zu Beginn der Beobachtung 1,48, die mittlere Thrombozytenanzahl 97/nl. Es zeigt sich ein ausgeprägter Protein C-Mangel (Im Mittel 37%) und ein hochgradiger Antithrombin III-Mangel, hier zeigte sich jeweils eine inverse Korrelation zur INR. Die mittleren Protein S-Spiegel lagen dagegen auch bei hochgradig eingeschränkter Lebersynthese nahe am Normbereich (81%). Faktor VIII war deutlich erhöht (im Mittel 130%), wie in der Literatur vorbeschrieben. Die Faktoren XI und XII waren im Mittel nur leicht erniedrigt (50% bzw. 59%), hier fand sich keine signifikante Korrelation zum MELD-Score oder zur INR. Aktualisierte Daten der andauernden Studie werden berichtet.

Schlussfolgerung: Das Risiko thrombembolischer Komplikationen bei Leberzirrhose könnte insbesondere durch den schweren Antithrombin III- und Protein C-Mangel bedingt sein, wohingegen kein relevanter Protein S-Mangel besteht. Die nur wenig eingeschränkte Synthese der Faktoren XI und XII ist möglicherweise von therapeutischem Interesse, da in präklinischen und klinischen Studien gezeigt wurde, dass eine Hemmung dieser Faktoren thrombembolische Komplikationen verhindern kann ohne dass es zu einem erhöhten Blutungsrisiko kommt (Büller HR et al, NEJM 2015; Renné et al, J Exp Med 2005).