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DOI: 10.1055/s-0035-1558597
Erfolgreiche plastische Rekonstruktion nach Resektion eines ausgeprägten Plattenepithelkarzinoms des Capillitiums
Fragestellung: Im Oktober 2014 wurde uns ein 50-jähriger Patient mit einem scharf begrenzten, fast das gesamte Capillitium betreffenden, schmerzlosen Ulcus (ca. 12 × 20 cm durchmessende) und punktuellen Blutungen aus einem peripheren Krankenhaus überwiesen. Dort wurde erfolglos versucht, das Ulcus mittels einer Mesh-Graft operativ zu versorgen. Im Blutbild zeigte sich eine normozytäre Anämie mit einem Hb von 6,9 g/dl. Die genaue Vorgeschichte kann aufgrund des frühkindlichen Hirnschadens des Patienten nur unvollständig rekonstruiert werden. Im Jahr 2010 befand er sich bereits in unserer Klinik zur Behandlung einer Follikulitis decalvans. Im Verlauf sei er aufgrund rezidivierender Entzündungen und Ulzerationen des Capillitiums regelmäßig in ambulanter und stationärer dermatologischer Behandlung gewesen. Fraglich blieb, ob Probebiopsien zur Reevaluation der Diagnose entnommen wurden.
Methoden: Aufgrund der äußerst großflächigen Hautveränderungen, die sich über den gesamten Bereich des Capillitiums bis in den Nacken erstreckten, entnahmen wir bei klinischem Verdacht auf ein Plattenepithelkarzinom drei Probebiopsien. Für das weitere Staging führten wir eine cCT zur Evaluation einer knöchernen und ein MRT des Schädels zur Evaluation einer möglichen Infiltration der Dura durch. Ebenso wurden die zervikalen Lymphknoten zum Ausschluss von Filiae sonographisch untersucht.
Ergebnisse: Die histopathologischen Befunde bestätigten den klinischen Verdacht auf ein Plattenepithelkarzinom des gesamten Capillitiums mit Beteiligung des Schädelknochens und der Dura mater encephali. Die vollständige Tumorresektion in sano wurde im interdisziplinären Tumorboard der Universitätsklinik Bonn als kurativer Therapieansatz empfohlen. Die Resektion und die plastische Rekonstruktion erfolgten einzeitig im Universitätsklinikum Bochum, wobei bei klinischem Nichtbefall der Dura die infiltrierte Kalotte reseziert und durch Palacos ersetzt wurde. Die Defektdeckung erfolgte mittels einer mikrovaskulär an die Temporalgefäße angeschlossene kombinierten Lappenplastik aus dem Musculus latissimus dorsi (muskulär) und einem adipocutanem, parascapulärem Lappentransplantat. Aufgrund der Bradyphrenie des Patienten war postoperativ eine verlängerte maschinelle Beatmung und die Lagerung in einem Spezialbett (in Bauchlage) notwenig. Die Wundheilung war komplikationslos und der Patient wies keine weiteren neurologischen Defizite auf.
Schlussfolgerung: Die Falldarstellung zeigt, wie wichtig die Entnahme von Probebiopsien zur Reevaluation von persistierend entzündlichen Hautveränderungen ist. Chronische Entzündungen können die Entstehung von Plattenepithelkarzinomen fördern. Unklar ist, inwieweit die Folliculitis decalvans als Risikofaktor eines Plattenepithelkarzinoms gewertet werden kann. Im Jahr 2008 wurde im British Journal of Dermatology die Entstehung eines Plattenepithelkarzinoms nach jahrelanger Behandlung einer histologisch gesicherten Folliculitis decalvans beschrieben. Interdisziplinäre Therapieansätze sind notwendig, um derart komplexe Krankheitsfälle adäquat zu therapieren.