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DOI: 10.1055/s-0035-1557694
Affektive Dysregulation: Ein Risikoprofil für Suchterkrankungen?
Einleitung: In den letzten Jahren mehren sich Hinweise auf einen neuen Verhaltensphänotyp der gekennzeichnet ist durch ständige Reizbarkeit, aggressive Ausbrüche, Hyperaktivität und Stimmungsschwankungen. Dieser Phänotyp kann anhand der Child Behavior Checklist identifiziert werden (CBCL-DP). Kinder, die diesem Phänotyp schwerer affektiver und behavioraler Dysregulation entsprechen, sind bislang nur schwer einer eindeutigen diagnostischen Kategorie zuzuordnen, wobei neuere Studien darauf hinweisen, dass Symptome affektiver Dysregulation (AD) diagnoseübergreifend auftreten. Die Relevanz dieses Phänotyps wird durch dessen Auftretenshäufigkeit (ca. 6% in psychiatrischen Stichproben) und durch Ergebnisse longitudinaler Studien deutlich, welche auf ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung von Suchtverhalten und erhöhter Suizidalität bei Kindern mit AD hinweisen. Es wird vermutet, dass dieser Phänotyp ein früher Marker einer persistierenden Selbstregulationsstörung von Affekt und Verhalten darstellt und damit möglicherweise auch einen Ansatzpunkt für frühzeitige Interventionen bietet. Dazu ist ein besseres Verständnis dieses Phänotyps notwendig. Insbesondere das Ausmaß an Impulsivität als möglicherweise vermittelndes Konstrukt, spezifische Persönlichkeits- und Temperamentsfaktoren, Defizite in der Emotionsregulation, erhöhtes Körpergewicht sowie das Ausmaß an Food craving/Enthemmbarkeit des Essverhaltens als eine Form von Verhaltenssucht sollen daher in der vorliegenden Studie an einer Inanspruchnahmepopulation jugendlicher psychiatrischer Patienten untersucht werden.
Methoden: 400 konsekutiv stationär aufgenommene Patienten (12 bis 18 Jahre) einer kinder- und jugendpsychiatrischen Versorgungsklinik wurden bei Zustimmung anhand von Fragebögen zu Persönlichkeit und Essverhalten sowie in einer Subgruppe von 104 Probanden mit einer erweiterten computergestützten Impulsivitätstestung untersucht.
Ergebnisse: Erste Analysen an 104 Patienten mit erweiterter Testung zeigen, dass 38% der Patienten Symptome einer affektiven Dysregulation (AD) zeigen. Bei 15% dieser AD- Patienten liegt eine substanzbezogene Störung vor (vs. 17% der Patienten ohne AD). Patienten mit AD sind insgesamt stärker belastet (Gesamtscore SDQ) und berichten eine stärkere Enthemmung des Essverhaltens, allerdings gibt es keine Unterschiede im Ausmaß von Food Craving und Gewicht.
Diskussion: Erste Hinweise zeigen bei Jugendlichen mit AD Hinweise auf eine stärkere Enthemmung bzgl. des Essverhaltens, aber keine erhöhten Prävalenzen von substanzbezogenen Störungen. Weitere Analysen zur computergestützten Impulsivitätsmessung sowie Analysen anhand der Primärstichprobe von 400 Patienten hinsichtlich Persönlichkeitsfaktoren und Emotionsregulation werden im Vortrag berichtet. Die Ergebnisse werden hinsichtlich ihrer Relevanz für Prävention diskutiert.