Suchttherapie 2015; 16 - S_38_01
DOI: 10.1055/s-0035-1557645

Längsschnittliche Verbindungen zwischen Verhaltensauffälligkeiten im Kindes- und Jugendalter und problematischem Cannabiskonsum im jungen Erwachsenenalter: Ergebnisse der Mannheimer Risikokinderstudie

C Baldus 1, K Zohsel 2, M Laucht 2, R Thomasius 1
  • 1Deutsches Zentrum für Suchtfragen des Kindes- und Jugendalters
  • 2Arbeitsgruppe Neuropsychologie des Kindes- und Jugendalters, ZI Mannheim

Einleitung: Sowohl experimenteller als auch regelmäßiger Cannabiskonsum im Jugend- oder jungen Erwachsenenalter steht in Zusammenhang mit unerwünschten psychosozialen und gesundheitlichen Entwicklungsergebnissen im späteren Lebenslauf. Aus der epidemiologischen Forschung ist bekannt, dass problematischer Cannabiskonsum häufig mit komorbiden Verhaltensauffälligkeiten oder klinischen Diagnosen verknüpft ist. Die zugrundeliegenden Entwicklungsprozesse dieses Phänomens sind aber nach wie vor ungeklärt, insbesondere was die Bedeutung einzelner Symptomgruppen und deren zeitliche Abfolge betrifft. Vorangegangene Forschungsarbeiten finden Hinweise darauf, dass verschiedene Facetten externalisierender Verhaltensauffälligkeiten im Kindes- und Jugendalter späteren problematischen Cannabiskonsum vorhersagen. Hinsichtlich früher internalisierender Verhaltensauffälligkeiten und problematischem Cannabiskonsum im jungen Erwachsenenalter ist die Befundlage gemischt.

Methoden: Die vorgestellte Arbeit bezieht sich auf längsschnittliche Daten der Mannheimer Risikokinderstudie, die Daten von Teilnehmern, die Träger definierter psychosozialer Risikomerkmale sind, von deren Geburt bis ins junge Erwachsenenalter erfasst. Daten zu externalisierenden und internalisierenden Verhaltensauffälligkeiten von (n = 307) Teilnehmern wurden in der Kindheit und im Jugendalter mithilfe von strukturierten diagnostischen Interviews erhoben und in Beziehung zum Auftreten von problematischem Cannabisgebrauch im Alter von 25 Jahren gesetzt. Der problematische Cannabiskonsum wurde mithilfe von klinischen Interviews (SKID) und Selbstauskunftsfragebögen (CUDIT und SDS) erfasst. Die Daten wurden mithilfe von logistischen Regressionen analysiert.

Ergebnisse: Im Alter von 25 Jahren trat problematischer Cannabiskonsum bei n = 28 Teilnehmern (9,1%) auf. Störungen des Sozialverhaltens bzw. oppositionelle Verhaltensauffälligkeiten im Kindesalter sagten bei gleichzeitiger Kontrolle anderer Verhaltensauffälligkeiten einen problematischen Cannabiskonsum im jungen Erwachsenenalter voraus. Analog dazu waren internalisierende Verhaltensauffälligkeiten und Aufmerksamkeits- und Hyperaktivitätsprobleme im Kindesalter nicht prädiktiv für späteren problematischen Cannabiskonsum, Aufmerksamkeits- und Hyperaktivitätsprobleme waren jedoch im Jugendalter für späteren problematischen Cannabiskonsum bedeutsam.

Diskussion: Die Limitationen der Studie werden umrissen. Mögliche Prozesse, die die verschiedenen frühen Verhaltensauffälligkeiten mit späterem problematischem Cannabiskonsum verknüpfen, werden ebenso diskutiert wie die Bedeutung der vorliegenden Ergebnisse für Ansätze zur Prävention von problematischem Cannabiskonsum bei jungen Erwachsenen.