Z Gastroenterol 2003; 41 - P195
DOI: 10.1055/s-0035-1555397

Therapie der Lamivudin-resistenten Hepatitis B Virus (HBV)-Infektion mit Tenofovir Disoproxil Fumarat: Wirksamkeit und Verträglichkeit bei Patienten mit bzw. ohne Immunsuppression

F van Boemmel 1, T Wünsche 2, P Schürmann 2, P Reinke 3, B Wiedenmann 1, U Hopf 1, T Berg 1
  • 1Medizinische Klinik mit Schwerpunkt Hepatologie und Gastroenterologie
  • 2Medizinische Klinik mit Schwerpunkt Infektiologie
  • 3Medizinischen Klinik mit Schwerpunkt Nephrologie und Internistische Intensivmedizin, Charité, Campus Virchow-Klinikum, Humboldt-Universität zu Berlin

Die Entwicklung Lamivudin-resistenter Mutanten stellt ein zunehmendes Problem bei der Therapie der chronischen Hepatitis B dar. Wir konnten in einer ersten Pilotstudie zeigen, dass Tenofovir, ein azyklisches Nucleotid-Analogon und Verwandter des Adefovir, in vivo effektiv die Virusreplikation bei Patienten mit Lamivudin-resistenter HBV-Infektion hemmt.

Zielsetzung: Ziel der vorliegenden Studie war die Dokumentation der Effektivität und Sicherheit von Tenofovir bei unterschiedlichen Patientengruppen mit chronischer HBV-Infektion im Langzeitverlauf.

Methodik: Insgesamt wurden 25 Patienten (W/M 4/21, 88% HBeAg positiv) mit molekularbiologisch nachgewiesener Lamivudin-Resistenz (INNO-LIPA) in die vorliegende Studie eingeschlossen und in 3 Gruppen eingeteilt: 1) chronische Hepatitis B ohne Begleiterkrankung (n=10), 2) HBV/HIV-Koinfektion (n=10) und 3) Patienten mit Zustand nach Nierentransplantation (NTx; n=5). Alle Patienten erhielten täglich 245mg Tenofovir p.o. über 8 bis 72 Wochen (Mittel 32 Wochen). Die Hepatitis B Virämie zum Therapiebeginn lag bei allen Patienten bei >20×106 Kopien/ml (HBV-Monitor, Roche).

Ergebnisse: Unter Tenofovir kam es zu einem signifikantem Abfall der HBV-DNA von im Mittel 3.7±1,97 log10 zur Woche 12 (1,32–7,3; p=0.001) und der Transaminasen (GPT 139,7 U/l±164,58 U/l [baseline] vs. 23,3 U/l±13,4; [Monat 6]; p=0,046). Eine Reduktion der HBV-DNA auf <400 Kop/ml wurde insgesamt bei 68% erreicht. Patienten der Gruppe 1 zeigten zur Woche 12 eine signifikant höhere HBV-DNA Reduktion als Patienten der Gruppe 2 bzw. 3 (4,73 vs. 2,52 vs. 2,63; p=0.036). Es traten keine Nebenwirkungen im Beobachtzeitraum auf. Die Serum-Kreatininwerte zeigten unter Therapie auch bei den NTx-Patienten keine signifikanten Veränderungen (1,7±0,67 vs. 2,1±1,15 zu Therapiewoche 12; p=0.18). Eine Resistenzentwicklung gegen Tenofovir wurde im Verlauf bis zu 72 Wochen nicht beobachtet.

Diskussion: Tenofovir hat im Vergleich zu Adefovir (publizierte Daten) zumindest eine vergleichbare, wahrscheinlich jedoch überlegene Effektivität bei Lamivudin-resistenter HBV-Infektion. Bei Patienten mit Immunsuppression zeigte sich zeitlich verzögert die gleiche antivirale Wirksamkeit. Die Therapie wurde generell gut vertragen.