Senologie - Zeitschrift für Mammadiagnostik und -therapie 2015; 12 - A60
DOI: 10.1055/s-0035-1550500

Biomechanische Belastungen vor und nach operativer Therapie der Mammahypertrophie

A Heverhagen 1, K Heinrich 2, W Potthast 2, U Wagner 3, L Zwiorek 3
  • 1Frauenklinik Kantonsspital Baden, Baden, Schweiz
  • 2Institut für Biomechanik und Orthopädie der Deutschen Sporthochschule Köln, Köln, Deutschland
  • 3Klinik für Gynäkologie, Gynäkologische Endokrinologie und Onkologie, Marburg, Deutschland

Einleitung: Patientinnen mit Mammahypertrophie leiden unter einer Vielzahl von somatischen Beschwerden. Die kausale Therapie ist die beidseitige Mammareduktionsplastik.

Die Wirksamkeit der operativen Behandlung wird meist anhand von validierten Fragebögen erfasst. Soweit messbare Daten erhoben werden, beschränken sich diese auf statische Befunde ohne Berücksichtigung der Vorgänge am bewegenden Körper.

Eine dynamische Erfassung der tatsächlich wirkenden Kräfte und biomechanischen Belastungen durch die hypertrophe Mamma findet in dieser Studie exemplarisch zum ersten Mal statt.

Material & Methoden: Sieben Mamma-Hypertrophie Patientinnen der Universitäts-Frauenklinik Marburg wurden einer prä- und postoperativen Bewegungsanalyse im Institut für Biomechanik der Sporthochschule Köln unterzogen.

Dabei erfolgten Video-Aufnahmen bei unterschiedlichen Geschwindigkeiten auf dem Laufband. Drei positionierte Kameras erfassten die rechte Brust und rechte Clavicula anhand von retroflektierenden Markern. Das Analyse-Programm Motus® digitalisiert die Marker im dreidimensionalen Raum und berechnet verschiedene dynamische Parameter wie Bewegungsausmaß, Kraft und Drehmoment.

Ziel der Untersuchung ist es, postoperative Veränderungen messbar zu machen.

Ergebnisse: Bei Bewegung zeigen große Brüste eine Hypermobilität mit hohen Beschleunigungswerten, die nicht parallel zur Körperbewegung erfolgt. Neben der Bewegung der Gesamtbrustmasse findet auch eine Friktion in der Brust statt. Die gemessene dynamische Kraft geht weit über die statische Belastung hinaus.

Postoperativ zeigte sich bei allen Patientinnen eine deutliche Reduktion des Bewegungsausmaßes der Brust gegenüber dem Thorax. Die durch die Brust ausgeübte Kraft und das Drehmoment verringerten sich überproportional im Vergleich zur reduzierten Masse.

Zusammenfassung: Mit der vorgestellten Methode sind die dynamische Belastung und damit auch die potentielle Belastung des Skelettsystems durch die hypertrophe Brust messbar. Das Messverfahren ist für wissenschaftliche Fragestellungen geeignet und reproduzierbar.

Zum einen lassen sich Belastungen durch eine übergroße Brust objektivieren und Einwirkungen von Gewicht und Länge der Brust, Hautdehnung sowie Halteapparat der Brust in ihrem Zusammenspiel auf die Gesamtbelastung untersuchen.

Zum anderen können postoperative Befunde die Wirksamkeit des Eingriffs belegen und helfen, optimale Resektatmengen oder günstige OP-Verfahren zu ermitteln.