Diabetologie und Stoffwechsel 2015; 10 - P55
DOI: 10.1055/s-0035-1549561

Anterior-posteriore Musterbildung des definitivem Endoderm generiert aus humanen Stammzellen durch den Retinolsäure- und Wnt/beta-Cateninsignalweg

U Diekmann 1, C Davenport 1, S Lenzen 1, O Naujok 1
  • 1Medizinische Hochschule Hannover, Institut für Klinische Biochemie, Hannover, Germany

Fragestellung: Die Differenzierung humaner embryonaler Stammzellen (ES-Zellen) in insulinproduzierende Zellen zur Zellersatztherapie des Diabetes umfasst die schrittweise Nachahmung der in vivo Organogenese des Pankreas durch ein in vitro Differenzierungsprotokoll. Die Differenzierung in definitives Endoderm (DE) ist mittlerweile ein gängiges Verfahren, wohingegen die Mechanismen der Musterbildung der anterior-posterioren Achse des Primitivdarms noch unklar sind. Die Aktivitäten des BMP/TGFβ-, Wnt/beta-Catenin-, FGF-, und Retinolsäuresignalwegs sind in vivo an der Musterbildung beteiligt. Wie sich diese Signalwege in ein Differenzierungsverfahren übertragen lassen, ist bislang nicht hinreichend geklärt.

Methodik: Zwei humane Stammzelllinien wurden in DE-Zellen mit einem etablierten Standardverfahren differenziert. Anschließend wurden die Effekte des Retinolsäure- (ATRA), TGF-β-, FGF- und Wnt/beta-Cateninsignalwegs anhand verschiedener Kombinationen von Liganden und Inhibitoren getestet. Die Analyse erfolgt mittels RT-qPCR und Immunfluoreszenz.

Ergebnisse: Behandlung der DE-Zellen mit 5µM CHIR-99021, 25 ng/ml BMP4, 100nM ATRA und 100 ng/ml bFGF für 48h resultierte in einer Zellpopulation, die positiv für den Hinterdarmmarker CDX2 war. Diese Zellen exprimierten die entsprechenden HOX-Marker HOXC5, HOXC6 und HOXB8. Eine Hemmung des Wnt/beta-Catenin- und BMP-Signalwegs ermöglichte die Ausbildung des Vorderdarms. ATRA führte konzentrationsabhängig zu einer Zunahme der posterioren Marker HNF6, HNF1B und HLXB9 auf der Gen- und Proteinexpressionsebene. Die Expression anteriorer Marker, wie TBX1 und HEX1, wurden hingegen unterdrückt.

Schlussfolgerungen: Diese Studie zeigt, dass die Identität des Vorder- und Hinterdarms durch ATRA und Wnt/beta-Catenin kontrolliert wird. Die Behandlung der aus ES-Zellen differenzierten DE-Zellen mit 0,5 – 2µM ATRA in Gegenwart eines BMP- und Wnt-Inhibitors führte zu einer Zellpopulation mit Merkmalen des posterioren Vorderdarms. Diese Domäne trägt innerhalb der Embryogenese zur Leber- und Pankreasentwicklung bei.