Diabetologie und Stoffwechsel 2015; 10 - P34
DOI: 10.1055/s-0035-1549540

Psychische Komorbidität unter Kindern und Jugendlichen mit Typ 1 Diabetes: Prävalenzdaten auf der Grundlage strukturierter psychologischer und psychiatrischer klinischer Interviews

O Kordonouri 1, S Pacheco 1, L Galuschka 1, M Fath 1, N Datz 1, T Biester 1, K Schnell 1, T Danne 1, K Lange 2
  • 1Kinder- und Jugendkrankenhaus AUF DER BULT, Diabeteszentrum für Kinder und Jugendliche, Hannover, Germany
  • 2Medizinische Hochschule Hannover, Institut für Medizinische Psychologie, Hannover, Germany

Fragestellung: Die Prävalenzangaben zu psychischen Störungen bei Kindern und Jugendlichen mit T1DM sind inhomogen. Mehrheitlich beruhen die Angaben auf dem Einsatz von Screeninginstrumenten, die für eine Diagnosestellung nicht hinreichend sind. Die vorliegende Studie stellt die Prävalenzdaten basierend auf psychologischen und psychiatrischen strukturierten Interviews an einem großen pädiatrischen Diabeteszentrum dar.

Methode: In einer Querschnittstudie zum Jahr 2013 wurden die kIinischen Daten von 594 Kindern und Jugendlichen mit T1DM (49,7% weiblich; 68% CSII, Alter 13,0 ± 4,1 Jahre; Diabetesdauer 5,3 ± 4,7 Jahre; HbA1c 7,9 ± 1,3%, MW ± SA) daraufhin analysiert, ob psychische oder Verhaltensstörungen (F-Diagnosen nach ICD-10) basierend auf einer klinischen Untersuchung gestellt wurden.

Ergebnisse: Bei 25,1% der Patienten (kein Geschlechtsunterschied, p = 0,99) lag zumindest eine F-Diagnose vor. Dabei wurden 1,3% der Gruppe F10-F19 zugeordnet; 5,7% F30-F39; 10,8% F40-F48; 13,6% F50-F59; 1,2% F60-F69; 2,2% F70-F79; 5,2% F80-F89; 11,1% F90-F99. Patienten mit einer F-Diagnose waren älter (14,2 ± 3,2 vs. 12,6 ± 4,3 Jahre, p < 0,001) und wiesen ein höheres HbA1c (8,5 ± 1,5% vs. 7,7 ± 1,1%; p < 0,001) auf als psychisch Gesunde, die Diabetesdauer war vergleichbar. Nur in der Gruppe F80-F89 (Entwicklungsstörungen) waren Jungen häufiger betroffen (p = 0,018). Die häufigsten Diagnosen, neurotische und Belastungsstörungen sowie Verhaltensauffälligkeiten mit körperlichen Störungen, betrafen fast ausschließlich Jugendliche. In der Gruppe der über Zwölfjährigen wurde bei 30,9% eine F-Diagnose gestellt.

Schlussfolgerung: Bei etwa einem Viertel der Kinder und Jugendlichen mit T1DM wurde eine psychische Komorbidität diagnostiziert, bei Jugendlichen lag diese Rate noch höher. Angesichts der engen Assoziation mit einer unzureichenden Stoffwechseleinstellung erscheint eine kontinuierliche interdisziplinäre Behandlung indiziert, um deren physische und psychische Prognose zu verbessern.