Laryngorhinootologie 2015; 94(09): 611-612
DOI: 10.1055/s-0035-1548807
Der interessante Fall
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Tumor der Regio parotidea bei einem Kind

Tumor of the Parotid Region in a Child
J. Ihbe
1   Klinik für Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie und plastische Operationen, Ruppiner-Kliniken GmbH, Neuruppin
,
C. Stoll
1   Klinik für Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie und plastische Operationen, Ruppiner-Kliniken GmbH, Neuruppin
,
A. Lieder
2   Klinik für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde und plastische Operationen, Ruppiner-Kliniken GmbH, Neuruppin
,
A. M. Franzen
2   Klinik für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde und plastische Operationen, Ruppiner-Kliniken GmbH, Neuruppin
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Publication History

Publication Date:
19 June 2015 (online)

Fallbericht

Anamnese und klinischer Befund

Ein 5-jähriges Mädchen wird wegen einer seit einem Monat bekannten und seitdem größenkonstanten, indolenten Tumorbildung der linken Regio parotidea (prä-infraaurikulär) mit der klinischen Verdachtsdiagnose eines Parotistumors vorgestellt.

Inspektorisch bei alterstypisch entwickelten subkutanen Fettgewebe geringer als palpatorisch imponierende, ca. 3 cm große, derbe, nicht druckdolente und nicht verschiebliche Tumorbildung der Regio parotidea [Abb. 1]. Der HNO-Status und der Zahnstatus sind unauffällig, AZ und EZ altersentsprechend normal.

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Abb. 1 Inspektionsbefund einer Raumforderung der Regio parotidea links.

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Bildgebende Diagnostik

In der Sonografie (B-scan-mode) stellt sich ein ca. 3 cm durchmessender, nach lateral und zu den Seiten glatt begrenzter Tumor ohne Organzusammenhang mit der Gandula parotis dar. Zur Tiefe, insbesondere zur Mandibula, ist sonografisch keine Abgrenzung möglich. Sonomorphologisch ist der Befund inhomogen, echoreich, in Teilen knochendicht [Abb. 2]. Halslymphknoten, große Speicheldrüsen und Schilddrüse sind unauffällig.

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Abb. 2 Sonografie des Tumors.

Aufgrund des sonografischen Befundes wird eine Schichtbilddiagnostik veranlasst.

Die wegen Bewegungsartefakten allein auswertbaren koronaren und transversalen Schichtungen des MRT zeigen eine 3 cm durchmessende Raumforderung des Ramus mandibulae und des Kiefergelenkköpfchens. Der Befund ist scharfrandig begrenzt und weist eine komplexe Binnenstruktur mit echoreichen und echoarmen Arealen auf [Abb. 3], links. Parotis und Kaumuskulatur werden von dem Tumor verdrängt.

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Abb. 3 MRT (links) und CT in koronarer Projektion.

Im Knochenfenster des CT stellt sich ein blasig aufgetriebenes Kieferköpfchen mit teilweise unterbrochener Compacta und morphologisch unterschiedlich echodensen Arealen unter Einschluss von Kalzifikationszonen dar [Abb. 3], rechts. Die Tumorausdehnung im Bereich der gesamten Incisura mandibulae bis zum Processus coronoideus verdeutlicht die 3D-Rekonstruktion [Abb. 4].

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Abb. 4 3-D-Rekonstruktion des Tumors.

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Therapie und Verlauf

Unter Schonung des Ramus marginalis mandibulae und temporärer Ablösung der Kaumuskulatur wird ein brauner Tumor des dorsalen Anteils des Ramus mandibulae, der bis zur Schädelbasis reicht, makroskopisch vollständig reseziert.

Es wird die Diagnose eines osteoblastischen Osteosarkoms unter Einschaltung des Referenzzentrums für Knochenpathologie gestellt.

In Absprache mit einem kinderonkologischen Zentrum erfolgen zunächst die Ausbreitungsdiagnostik und der Ausschluss von lymphoregionären und Fernmetastasen (Lunge und Skelett). Die weitere Therapie umfasst eine Nachoperation mit Unterkieferteilresektion vom Angulus mandibulae bis zur Fossa articularis sowie eine adjuvante Radiochemotherapie.

Das mittlerweile 10-jährige Schulkind ist nunmehr 5 Jahre nach Erstdiagnose Rezidiv- und Metastasen-frei. Der Unterkieferdefekt links manifestiert sich als Gesichtsasymmetrie, die jedoch nur bei der gezielten Betrachtung auffällt. Funktionelle Defizite mit einer nennenswerten Einschränkung insbesondere beim Kauen bestehen nicht.


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