Gesundheitswesen 2015; 16 - P08
DOI: 10.1055/s-0035-1546909

Die „Normalität“ in der Arbeit des Gesundheitsamtes der „Seestadt Rostock“ 1935 – 1945

M Schwarz 1
  • 1Gesundheitsamt Hansestadt Rostock, Amtsleiter, Rostock, Deutschland

Mit dem „Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“ (GzVeN) wurde am 14. Juli 1933 die Zwangssterilisation als Mittel der Negativauslese zur Umsetzung einer rassisch betriebenen Bevölkerungspolitik legalisiert. Die neu geschaffene Institution des Öffentlichen Gesundheitsdienstes war dann ab 1. April 1935 gemäß „Gesetz über die Vereinheitlichung des Gesundheitswesens“ (GVG) Garant zur einheitlichen Durchführung nationalsozialistischer Erb- und Rassenpflege. Wie fast überall im Deutschen Reich nahm auch in der einwohnerstärksten mecklenburgischen Stadt ein „Staatliches Gesundheitsamt des Stadtkreises Rostock“ seine Arbeit auf. Die durch das GVG vorgesehenen Dienstaufgaben verlangten eine stringente Strukturierung innerhalb des Amtes, die in regelmäßigen Prüfungen durch die vorgesetzte Dienststelle bewertet wurde. Die Jahresberichte der Gesundheitsämter des Landes Mecklenburg (1933 ca. 800.000 Ew.) weisen für 1935 bei 701 Frauen und bei 676 Männern Unfruchtbarmachungen aus. So werden im selben Jahr in Rostock (95.590 Ew) 88 Frauen bzw. 86 Männer und in Schwerin, der Landeshauptstadt (Stadt- und Landkreis: 94.647 Ew), 60 Frauen und 92 Männer sterilisiert. Der Rostocker Amtsarzt Dr. Buschmann nahm nach eigenem Bericht im Jahre 1935 an 48 Sitzungen des Erbgesundheitsgerichtes Rostock teil. Für die nicht selten rigorose Bewertung der Gutachter und Richter der im GzVeN vorzunehmenden Zuordnungen zu den psychiatrischen Krankheitsgruppen werden Beispiele aus der Praxis des Erbgesundheitsgerichtes Rostock dargestellt. Neben den negativen eugenischen Maßnahmen wie Zwangssterilisationen oder Schwangerschaftsunterbrechungen wurden positive eugenische Maßnahmen für behinderte Kinder nicht gewährt, wie aus amtsärztlichem Handeln zu belegen ist. Ziel des Posters ist es, eine Darstellung der regionalen Umsetzung der reichseinheitlichen Maßgaben für die „Seestadt Rostock“ zu geben. Die „Normalität“ der Arbeit eines Gesundheitsamtes während des „Dritten Reiches“ wird skizziert.