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DOI: 10.1055/s-0035-1546881
Umweltmedizinische Bewertung des Fracking
Unter dem sog. „Fracking“ – kurz für „Hydraulic Fracturing“ – versteht man das Aufbrechen von Wegsamkeiten im Gestein durch das Verpressen von Wasser und Hilfsstoffen unter sehr großem Druck (400 – 800 bar). Diese Technik dient der Gewinnung von Erdgas aus unkonventionellen Lagerstätten in unterirdischen Gesteinsschichten (meist Schiefer- oder Kohleflözlagerstätten), die bisher anderweitig nicht zu erschließen waren. Es handelt sich dabei um eine Großtechnologie zur Ausbeutung von Bodenschätzen, die nicht ohne Umweltauswirkungen möglich ist. In der Diskussion um das Fracking in Niedersachsen und andernorts stand bisher häufig eine potentielle Gefährdung des Grund- oder Trinkwassers im Vordergrund. Die zweidimensionale Betrachtung von Flächenbelastungen bei Trinkwasserschutzgebieten muss nun noch um die dritte Dimension der Tiefe ergänzt werden. Moderne Bohrtechnik kann mittlerweile mehrere Kilometer horizontal bohren und auch theoretisch Trinkwasserschutzgebiete „unterfahren“. Dies widerspräche aber dem Sinn von Wasserschutzgebieten. Während die toxikologische Bedeutung von Frack-Fluiden beherrschbar erscheint, bereitet das aus der Tiefe geförderten sog. Lagerstättenwasser erhebliche Probleme. In der Tiefe hat es sich mit Kohlenwasserstoffen (z.B. Benzol), Metallen (z.B. Quecksilber) oder auch radioaktiven Elementen angereichert. Die umweltverträgliche Entsorgung ist derzeit schwierig und erfolgt über Leitungen oder LKW-Transporte hin zu sog. Versenk- oder Verpresstellen. An Leckagestellen gab es in der Vergangenheit schon einige Bodenbelastungen. Neben potentiellen schädlichen Einflüssen auf die Schutzgüter, müssen in einer umfassenden Beurteilung, wie einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP), weitere Themen betrachtet werden: so z.B. Bodenschutz (z.B. Lagerstättenwasseraustritt), Landschaftsschutz (Flächenverbrauch), aber auch Emissionen von Licht, Lärm und Luftverunreinigungen durch den Betrieb der Bohrstellen. Anhand veröffentlichter Daten über geplante Bohr-Projekte soll ein erster Überblick für ein typisches Erschließungsgebiet von 200 km2 (20 × 10 km) gegeben werden, in welchen Dimensionen diese potentiellen Umwelteinflüsse von dieser zukünftigen Großtechnologie ausgehen können.