Gesundheitswesen 2015; 16 - V26
DOI: 10.1055/s-0035-1546866

Zahnärztliche Gesundheitsfrühförderung – Ergebnisse einer Langzeitstudie

K Meyer 1
  • 1Medizinische Hochschule Hannover, Klinik für Zahnerhaltung, Parodontologie und Präventive Zahnheilkunde, Hannover

Die Gesundheitsförderung in der Schwangerschaft ist zu einem wichtigen Bestandteil in allen Bereichen der Medizin geworden. Im Allgemeinen dient sie der Gesunderhaltung der Mutter und soll Erkrankungen von Mutter und Kind möglichst verhindern oder zumindest minimieren. Die Eltern spielen bei der Herausbildung gesundheitsrelevanter Verhaltensweisen der Kinder eine große Rolle und legen im Kindes- und Jugendalter die Grundlagen für das Gesundheitsverhalten im Erwachsenenalter. Dies verdeutlicht die Notwendigkeit einer frühzeitigen Intervention. Die effektivsten Frühförderungsprogramme beginnen somit schon in der Schwangerschaft. Auch im Bereich der Zahnmedizin haben sich Konzepte etabliert, welche bereits in der Schwangerschaft beginnen und Aspekte der Gesundheitsförderung enthalten. Diese zahnmedizinischen Frühpräventionskonzepte beinhalten als Hauptaufgabe nicht nur die Vermeidung/Verzögerung einer Keimübertragung oder die Sanierung der mütterlichen Mundhöhle im Sinne einer Prävention, sondern verfolgen vielfältige Ziele auch im Bereich der allgemeinen Gesundheit im Sinne einer Gesundheitsförderung (Förderung/Befähigung zu verantwortungsbewussten Entscheidungen hinsichtlich der Gesundheit beispielsweise durch Ernährungsberatung und Verbesserung/Stärkung/Optimierung des allgemeinen und oralen Gesundheitsverhaltens). Eine Studie sollte den Effekt eines zahnärztlichen Langzeit-Präventionsprogramms im Sinne einer zahnärztlichen Gesundheitsfrühförderung auf die Zahn- und Mundgesundheit von jungen Erwachsenen evaluieren. Die Studie wurde in 5 Phasen unterteilt. Phase I umfasste die zahnärztliche Betreuung während der Schwangerschaft, Phase II beinhaltete die Betreuung der Mütter und ihrer Kleinkinder bis zum 3. Lebensjahr, Phase III bis zum 6. Lebensjahr und in Phase IV wurden die mittlerweile zu Jugendlichen herangewachsenen Kinder in einem Alter zwischen 13 und 14 Jahren untersucht. In Phase V erfolgte die Untersuchung der 18- bis 19-Jährigen (18,4 ± 0,4; n = 26). Alle Phase umfassten eine Untersuchung, Aufklärung und Behandlung im Sinne einer zahnärztlichen Gesundheitsfrühförderung. Die Kontrollgruppe bestand aus zufällig ausgewählten jungen Erwachsenen derselben Altersgruppe (n = 35). Es wurden folgende klinische Parameter erhoben: DMF-T/DMF-S, HI, PBI, PSI, Konzentration von Streptococcus mutans und Laktobazillen im Speichel. 92,3% der jungen Erwachsenen der Begleitgruppe waren kariesfrei. Der mittlere DMF-T lag bei 1,4 ± 2,6. Die Kontrollgruppe wies einen signifikant höheren mittleren DMF-T von 3,8 ± 3,2 (p < 0,05) auf und zeigte lediglich in 71,4% der Fälle ein kariesfreies Gebiss. Die Begleitgruppe hatte verglichen mit der Kontrollgruppe einen signifikant geringeren PSI von 1,2 ± 0,8 (Kontrollgruppe: 2,1 ± 0,4) (p < 0,05). Eine in der Schwangerschaft beginnende zahnärztliche Betreuung im Sinne einer Gesundheitsfrühförderung bewirkt nachweislich eine Verbesserung der Zahn- und Mundgesundheit bei jungen Erwachsenen. Während der Schwangerschaft bietet eine zahnärztliche Gesundheitsfrühförderung die Möglichkeit, ein verbessertes Gesundheitsverhalten zu etablieren. Karies, Parodontitis und ernährungsbedingte Folgeerkrankungen können bei Mutter und Kind durch die Verbesserung der mütterlichen Mundgesundheit und durch eine zahnfreundliche Ernährungslenkung vermieden werden.