Gesundheitswesen 2015; 16 - V9
DOI: 10.1055/s-0035-1546849

Falldarstellung: Folgen einer Begutachtung – Aktionen von Abschiebungsgegnern gegen das Gesundheitsamt

T Leyk 1
  • 1Hansestadt Rostock, Gesundheitsamt, Sozialpsychiatrischer Dienst, Rostock

Angesichts steigender Flüchtlingszahlen rückt die Asylpolitik wieder vermehrt in den Fokus politischer Aufmerksamkeit. Bei den Gesundheitsämtern werden sowohl im amtsärztlichen Dienst als auch bei psychiatrischen Fragestellungen im sozialpsychiatrischen Dienst seitens der Ausländerbehörde als auch von Gerichten amtsärztliche Stellungnahmen und Gutachten zur Reisefähigkeit nachgefragt.

Berichtet wird von einer Begutachtung eines aus Afghanistan stammenden Mannes, der im Rahmen des Dublin-II-Verfahrens nach Norwegen rückgeführt werden sollte. Der Gutachter äußerte, dass der Betroffene weiterhin ärztlich-psychiatrischer und psychotherapeutischer Behandlung bedürfe, eine Reisefähigkeit nach Norwegen gegeben sei, sofern die Behandlung dort fortgesetzt werden könne.

Nach Rückführung des Betroffenen erfolgte eine Protestdemonstration von Abschiebungsgegnern vor dem Gesundheitsamt mit Vorwürfen gegen die gutachterliche Praxis der Ämter und gegen den Gutachter persönlich und mit der Forderung nach Rückreise des Asylbewerbers von Norwegen nach Deutschland. Die Demonstranten fokussierten sich auf eine Stellungnahme einer Beratungsstelle für Migranten, die ihm Reiseunfähigkeit attestierte, obwohl es gegenläufige fachärztliche Stellungnahmen gab. In der darauffolgenden Nacht erfolgten Anschläge gegen das Gesundheitsamt und die Ausländerbehörde. Nachfolgende Drohäußerungen in Internetforen gegen den Gutachter führten zu vorübergehenden Polizeischutzmaßnahmen. Artikel in der örtlichen Presse, die eine objektive Darstellung vermissen ließen, darin enthaltene Äußerungen, die die Arbeitsweise der Gesundheitsämter mit „Methoden wie in der Hitlerzeit“ verglichen, veranlassten das Gesundheitsamt zu einer Pressekonferenz, um über Gutachtenpraxis, die Rolle der Gutachter im Asylverfahren und über die konkreten Entscheidungsgründe im Fall des jungen Mannes aus Afghanistan aufzuklären.

Über eine außergerichtliche Einigung mit den Initiatoren der Demonstration wurde erreicht, dass sie ihre auch auf ihrer Internetseite verfassten Vorwürfe gegen das Gesundheitsamt zurücknahmen.

Dargestellt werden auch die Begutachtungspraxis, die Nutzung von Sprachmittlern als auch Qualitätsmaßnahmen der gutachterlich tätigen Ärzte.