Gesundheitswesen 2015; 77(08/09): e153-e159
DOI: 10.1055/s-0034-1398554
Originalarbeit
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Die dänische Debatte über Priorisierung und Posteriorisierung in der Medizin – Was gibt es Neues?

The Danish Debate on Priority Setting in Medicine – An Update
S. C. Pornak
1   Seniorprofessur für Bevölkerungsmedizin, UKSH, Lübeck
,
H. Raspe
1   Seniorprofessur für Bevölkerungsmedizin, UKSH, Lübeck
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
04. März 2015 (online)

Zusammenfassung

Die dänische Debatte über Priorisierung und Posteriorisierung in der Medizin hat in den letzten Jahren wieder an Stärke zugenommen. Die vorliegende Arbeit stellt die Schwerpunkte der aktuellen Diskussion dar. Untersucht wurde dänische Primärliteratur in Form von Artikeln aus Fachzeitschriften, Tageszeitungen und Stellungnahmen von Institutionen. Erstmals seit den 90er Jahren hat sich der dänische Ethikrat wieder in einem Projekt von 2011 bis 2013 mit Priorisierung im Gesundheitswesen befasst. Er betont die Wichtigkeit eines legitimen Prozesses und fordert die Einbindung sichtbarer Werte und Kriterien. Ein Schwerpunkt der Priorisierungsdebatte ist der Umgang mit neuen teuren Arzneimitteln. Verschiedene Akteure, u. a. Politiker, Ärzteschaft, Gesundheitsökonomen und der Ethikrat, haben in den letzten Jahren die Einrichtung einer nationalen Institution für Priorisierung im Gesundheitswesen gefordert. Als Vorbilder werden vor allem der norwegische Priorisierungsrat und das britische National Institute for Health and Care Excellence herangezogen. Die dänische Regierung erwog zwischenzeitlich, ein Priorisierungsinstitut zu schaffen, setzte die Pläne jedoch nicht um. Im Rahmen eines neuen nationalen Projektes werden seit dem Jahr 2012 klinische Leitlinien erstellt. Diese werden von der dänischen Ärzteschaft als gute Grundlage für Priorisierung begrüßt. Wie in den vorangegangenen dänischen Priorisierungsdebatten fehlt eine Bündelung und Aufrechterhaltung der Diskussion durch eine koordinierende Institution. Die Debatte scheint schon wieder versandet zu sein. Neu ist, dass die Schaffung einer Priorisierungsinstitution ernsthaft in Erwägung gezogen wurde. Es ist davon auszugehen, dass die Diskussion in näherer Zukunft wieder aufflammen wird, möglicherweise wird die Idee eines Priorisierungsinstituts wieder aufgegriffen. Die Rahmenbedingungen für Priorisierung in der Gesundheitsversorgung sind in den letzten Jahren verbessert worden.

Abstract

In the last years, the Danish debate about priority setting in medicine has gained new strength. This paper shows the main focuses of the current discussion based on a research of Danish primary literature. For the first time since the 1990s the Danish Council of Ethics has been involved with priority setting in medicine in a project running from 2011 to 2013. The Council emphasises the importance of legitimate processes and calls for visible values and criteria. A focus of the debate is how to deal with new expensive drugs. Politicians, physicians, health economists and the Council of Ethics have called for a national institution for priority setting in medicine. They have mainly looked to the Norwegian National Council for Priority Setting in Health Care and the British National Institute for Health and Care Excellence for inspiration. The Danish Government considered establishing a national institute for priority setting, but the plans were not put into practice. In the year 2012 a new national project was launched to create clinical guidelines. Danish doctors welcome the guidelines as a good basis for priority setting. Just like in earlier Danish priority setting debates, a coordinating institution is lacking to bundle the discussion and keep it going. The debate seems to have come to an end once again. The fact that it was seriously considered to establish an institute for priority setting is a new development. It can be expected that the discussion will be resumed in the near future, possibly the idea of an institute for priority setting will be readopted. The general conditions for priority setting in health care have improved.