Klin Monbl Augenheilkd 2014; 231 - KV24
DOI: 10.1055/s-0034-1396475

Muir-Torre-Syndrom und periokuläres Talgdrüsenkarzinom: Rolle der Immunohistologie?

C Eulufi 1, A Rieger 2, E Bertelmann 1
  • 1Berlin – Klinik für Augenheilkunde, Charité Campus Virchow-Klinikum
  • 2Berlin – Institut für Pathologie, Charité-Universitätsmedizin

Hintergrund: Talgdrüsenkarzinome sind seltene Tumoren, die vorwiegend in der zweiten Lebenshälfte auftreten. Klinisch wenig charakteristisch, werden sie oft mit Chalazion, chronischer Blepharitis oder Karbunkeln verwechselt. Die Diagnose wird meistens erst histologisch gestellt. Talgdrüsenneoplasien können sporadisch oder im Rahmen eines Muir-Torre-Syndroms auftreten. Das Muir-Torre-Syndrom ist eine seltene autosomal-dominant vererbte Genodermatose, gekennzeichnet durch Auftreten multipler Talgdrüsentumore assoziiert mit mindestens einem viszeralen Malignom ohne prädisponierenden Faktor. Es ist somit eine Variante des hereditären non-polypösen kolorektalen Karzinoms (Lynch-Syndrom), welche üblicherweise mit Mikrosatelliteninstabilität und verminderter Expression der Gene, die für die DNA-Mismatch-Reparaturproteine MSH–6, MSH–2 und MLH–1 kodieren, einhergeht. Die Unterscheidung zwischen sporadischer und syndromischer Form des Talgdrüsenkarzinoms hat vielfältige Auswirkungen auf das Follow-Up der Patienten. Der immunohistologische Nachweis verminderter Expression der DNA-Mismatch-Reparaturproteine könnte auf eine mögliche systemische Assozioation mit einem Muir-Torre-Syndrom schließen lassen. Methoden Wir haben Material von 14 Patienten mit periokulärem Talgdrüsenkarzinom immunohistologisch auf die Expression der DNA-Mismatch-Gene MSH–6, MSH–2 und MLH–1 untersucht. Ergebnisse: Bei einem der 14 Patienten (7%) lag ein Muir-Torre-Syndrom vor. Hier zeigte die Immunohistolgie eine verminderte Expression von MSH–2 und MSH–6. Bei den weiteren 13 Patienten (92%) gab es keinen Hinweis auf eine viszerale Manifestation. Bei allen wurde immunohistologisch die Expression von MSH–6, MSH–2 und MLH–1 nachgewiesen. Schlussfolgerung: Bei Patienten, bei denen eine verminderte Expression einer der 3 DNA-Mismatch-Reparaturproteine MSH–6, MSH–2 oder MLH–1 nachgewiesen werden kann, sollten regelmässige Früherkennungsmassnahmen bezüglich einer systemischen Assozioation mit einem Muir-Torre-Syndrom erfolgen. Kann jedoch die normale Expression aller 3 DNA-Mismatch-Reparaturproteine belegt werden, so kann die Assoziation mit einem Muir-Torre-Syndrom ausgeschlossen und auf Vorsorgeuntersuchungen verzichtet werden. Die Immunfärbung hat den Vorteil nicht invasiv, schnell und relativ preisgünstig zu sein. Des Weiteren erlaubt sie ein genaue Bestimmung des implizierten Mismatch-Reparaturproteins. Aufgrund der geringen Fallzahl sind jedoch weitere Studien erforderlich um eine klare Korrelation zwischen verminderter Expression in der Immunfärbung und Assoziation mit einem Muir-Torre-Syndrom zu etablieren.