Laryngorhinootologie 2014; 93(11): 787-791
DOI: 10.1055/s-0034-1389911
Gutachten + Recht
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Aus der Gutachtenpraxis: Beurteilung und MdE-Einschätzung des lärmbedingten Tinnitus

From the Expert’s Office: Expert Assessment and Compensation of Noise Induced Tinnitus
T. Brusis
1   Köln
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
04. November 2014 (online)

Einleitung

In der Berufskrankheitenliste findet sich bei den durch physikalische Einwirkungen verursachten Erkrankungen auch die BK 2301 „Lärmschwerhörigkeit“. Der Begriff „Lärmschwerhörigkeit“ erscheint eingängig und wird allgemein akzeptiert. Er verknüpft aber nur Ursache und Symptom. Wissenschaftlich korrekt wäre die Bezeichnung „Innenohrerkrankung durch Lärm“ [1]. Im Übrigen beschreibt der Begriff „Lärmschwerhörigkeit“ nur, dass Lärmeinwirkungen zu einer Beeinträchtigung des Hörens führen können. Das Symptom „Ohrgeräusch/Tinnitus“ gibt es in der BK-Bezeichnung „Lärmschwerhörigkeit“ nicht. Sonst müsste es heißen: „Lärmschwerhörigkeit und Lärmtinnitus“. Bei diesem Sachverhalt stellt sich die Frage, ob es den Unfallversicherungsträgern überhaupt „erlaubt“ ist, einen lärmbedingten Tinnitus als BK-Folge anzuerkennen und zu entschädigen!

Dennoch ist es gutachterliche Praxis, einen lärmbedingten Tinnitus bei einer MdE-Einschätzung mit zu berücksichtigen. Dies beruht auf entsprechenden Vorschlägen, z. B. von Koch und Loebell [2], Boenninghaus [3], Feldmann [4] und Brusis [5], die in Publikationen vor Jahrzehnten eine zusätzliche MdE von 5 bis 10% für angemessen hielten.

 
  • Literatur

  • 1 Schönberger A, Mehrtens G, Valentin H. Arbeitsunfall und Berufskrankheit. 8. Aufl. Erich Schmidt Verlag; 2010
  • 2 Koch J, Loebell H. Das Gutachten des Hals-Nasen-Ohren-Arztes. Thieme Verlag; 1. Auflage 1952 und 3. Auflage 1968
  • 3 Boenninghaus H-G. Probleme bei der Begutachtung der „Berufskrankheit Lärmschwerhörigkeit und Lärmtaubheit“. Z Laryng Rhinol 1965; 44: 578
  • 4 Feldmann H. Untersuchungen zur Verdeckung subjektiver Ohrgeräusche. Ein Beitrag zur Pathophysiologie des Ohrensausens. Z Laryng Rhinol 1969; 48: 528
  • 5 Brusis T. Soll das Ohrensausen bei der Feststellung der MdE für eine Lärmschwerhörigkeit berücksichtigt werden?. HNO 1973; 21: 55-57
  • 6 Feldmann H. Das Gutachten des Hals-Nasen-Ohren-Arztes. 1. Auflage Thieme Verlag; 1976
  • 7 Steps J. Die Begutachtungspraxis der berufsbedingten Lärmschwerhörigkeit. VEB Verlag Volk und Gesundheit; Berlin: 1982
  • 8 Brusis T, Michel O. Die Bewertung von Tinnitus in der gesetzlichen Unfallversicherung. Laryngo-Rhino-Otol 2009; 88: 449-458
  • 9 Plath P. Lärmschäden des Gehörs und ihre Begutachtung. Schlütersche Verlagsanstalt und Druckerei; Hannover: 1991