Zentralbl Chir 2014; 139 - H_1_7
DOI: 10.1055/s-0034-1389279

Individualisierte Lungentumormodelle als Kombination aus Tissue Engineering und einem in silico Modell

D Fecher 1, A Stratmann 1, G Wangorsch 1, C Göttlich 1, H Walles 1, T Dandekar 2, G Dandekar 1, S Nietzer 1, T Walles 1
  • 1Universitätsklinik Würzburg
  • 2Universität Würzburg

Zielsetzung: Das Verständnis der Signalwege von Lungentumorgeweben ist die Voraussetzung für die Entwicklung neuer und individualisierter Behandlungsstrategien.

Methode: Tumorzellen zweier Zelllinien mit unterschiedlichem EGF-Rezeptor-Mutationsstatuts (A549 & HCC827) wurden auf einer auf der dezellularisierten, biologischen Trägerstruktur SISmuc aufgebracht. Die 3D Zell-Matrix Konstrukte wurden unter statischen Bedingungen für 14 Tage kultiviert. Zur Simulation einer medikamentösen Behandlung wurden die in vitro Tumormodelle mit Gefitinib (Astra Zeneca) behandelt. Um Progression des Tumors zu simulieren wurden die Zellen zudem mit TGF-β1 stimuliert. Das Modell wurde mittels Histologie, Immunhistochemie, Western Blot, ELISA und TUNEL-Assay umfassend charakterisiert. Ein virtuelles logisches Signalnetzwerk auf Basis eines Boole„schen-Modells wurde erstellt.

Ergebnis: Die Tumorzellen bildeten „epithelial-artige“ Strukturen auf der biologischen Trägerstruktur. Zudem wiesen diese eine deutlich geringere Teilungsrate verglichen mit 2D-Kulturen auf, welche dem in vivo Phänotyp eher entsprechen. Die 3D Tumormodelle zeigten in vitro das erwartete Ansprechen auf Gefitinib. Die Aktivierung des EGF-Rezeptotrs in HCC827-Zellen, welche eine aktivierende EGFR-Mutation tragen, wurde durch Gefitinib-Behandlung inhibiert. Die Proliferationsrate in diesem Modell wurde signifikant reduziert, während die Apoptose deutlich anstieg. Das Modell mit der KRas-mutierten Zelllinie A549 hingegen zeigte keine Veränderung durch Gefitinib. Diese Ergebnisse korrelierten mit den im in silico Modell simulierten Berechnungen, welches durch die Ergebnisse unserer in vitro Experimente erweitert und skaliert werden konnte.

Durch Zugabe von TGF-β1 wurde die EMT in den Modellen induziert. Die Tumorzellen überwanden dadurch die noch vorhandenen Basalmembran-Strukturen der Matrix und Invasion einzelner Zellen in das Gewebe war signifikant erhöht.

Schlussfolgerung: Mit den entwickelten Methoden konnte ein kliniknahes 3D Tumormodell etabliert werden, das spezifische Charakteristika von menschlichem Lungentumorgewebe abbildet. Die Kombination aus 3D in vitro und in silico Modellsystemen stellt eine neue Grundlage für die präklinische Wirkstofftestung sowie für die Wirkstoffentwicklung dar.