TumorDiagnostik & Therapie 2014; 35 - A14
DOI: 10.1055/s-0034-1389175

Eisenchelatoren

N Gattermann 1
  • 1Düsseldorf

Da jedes Erythrozytenkonzentrat dem Empfänger etwa 200 – 250 mg Eisen zuführt, entwickelt sich bei chronischer Transfusionsbedürftigkeit eine Eisenüberladung, die Organschäden bewirken kann. Gemäß den aktuellen Empfehlungen des European LeukemiaNet sollte daher bei Patienten mit Niedrigrisiko-MDS, die schon mindestens 25 Erythrozytenkonzentrate erhalten haben und deren Serumferritin bei über 1000 ng/mL liegt, die Behandlung mit einem Eisenchelator erwogen werden.

Zur Behandlung einer Eisenüberladung stand über mehrere Jahrzehnte nur Deferoxamin (Desferal®) zur Verfügung. Das Medikament hat den Nachteil einer schlechten oralen Bioverfügbarkeit und einer sehr kurzen Plasma-Halbwertzeit. Es sind 8 – 12-stündige, kontinuierliche intravenöse oder subkutane Infusionen erforderlich, die möglichst täglich durchzuführen sind. Alternativ kann morgens und abends eine subkutane Bolusinjektion erfolgen. Die Dosierung sollte mindestens 2 g Desferal pro Tag betragen (30 – 40 mg/kgKG). Nicht selten treten Entzündungen an den Injektionsstellen auf. Die schwierige Anwendung bedingt erhebliche Compliance-Probleme, die sich ungünstig auf Morbidität und Mortalität auswirken können.

Einzige Alternative war über lange Zeit der orale Eisenchelator Deferipron (Ferriprox®). Wegen kurzer Halbwertszeit (ca. 1,5h) ist die Tagesdosis von 75 mg/kg auf drei Applikationen aufzuteilen. Als Vorteil von Deferipron gilt, dass es besser als Deferoxamin in der Lage ist, Eisen aus dem Herzmuskel zu mobilisieren. Die wichtigste Nebenwirkung ist eine Agranulozytose mit Granulozytenzahlen < 500/µL, die allerdings selten vorkommt (0,5% beziehungsweise 0,2 Fälle pro 100 Therapiejahre). Milde Neutropenien sind häufiger (8,5% beziehungsweise 2,8 Fälle pro 100 Therapiejahre. Engmaschige (wöchentliche) Blutbild-Kontrollen sind erforderlich, um bei einem Rückgang der Granulozyten die Therapie rechtzeitig unterbrechen zu können. Deferipron ist zur Behandlung der Eisenüberladung bei Thalassaemia major zugelassen.

Deferasirox (Exjade®) ist ein oral verabreichbarer Eisenchelator, der 2006 in Europa zugelassen wurde. Die Zulassung bezieht sich neben der Thalassämie auch auf chronische, transfusionsbedingte Eisenüberladungen bei Patienten mit anderen Anämien, wenn eine Deferoxamin-Therapie kontraindiziert oder unangemessen ist. DFX braucht nur einmal pro Tag als Getränk eingenommen zu werden; die Tabletten werden dazu in Wasser oder Saft aufgelöst. In mehrern klinischen Studien konnte Deferasirox seine Wirksamkeit bei Patienten mit MDS unter Beweis stellen. Neben einem signifikanten Rückgang des Serumferritins kommt es auch zu einer Normalisierung des labilen Plasmaeisens (LPI). Außerdem führt DFX bei etwa 10 – 20% der MDS-Patienten zur Verbesserung der Blutzellzahlen, möglicherweise durch Verminderung von oxidativem Stress in den erythropoetischen Vorläuferzellen. Als häufigste Nebenwirkung von DFX treten abdominelle Beschwerden, vor allem Diarrhöen, Hautausschläge und ein Anstieg des Kreatinins auf.

Ein Überlebensvorteil durch die Eisenchelation wurde bei Patienten mit Niedrigrisiko-MDS übereinstimmend in mehreren retrospektiven Analysen festgestellt, aber noch nicht durch eine prospektive randomisierte Studie bewiesen.